Minden bleibt sich treu: Wirtschaftsförderung auf Kaffeekränzchen-Niveau

Minden bleibt sich treu:
Wirtschaftsförderung
auf Kaffeekränzchen-Niveau

Minden bleibt sich treu:
Wirtschaftsförderung
auf Kaffeekränzchen-Niveau

Autor Edgar Wilkening

Autor und Berater mit mehr als dreißig Jahren Erfahrung in Strategie- und Konzept-Entwicklung

Wirtschaft bildet das Rückgrat jeder Kommune. Den Bürgern verschafft sie Lohn und Brot, dem Gemeinwesen das nötige Kleingeld, um seine Aufgaben wahrzunehmen.

Kein Wunder also, dass Städte und Gemeinden bemüht sind, ihre Wirtschaft zu fördern. Im Idealfall planvoll und klug: mit Hilfe eines ausgefeilten und umsichtigen Wirtschaftsförderungskonzepts.

Mindens Politik hat aktuell über das „Wirtschaftsförderungskonzept Stadt Minden“ mit Stand vom 26.01.2021 zu befinden.

Wer sind die Verfasser des Papiers? Aus dem Konzept selbst geht das nicht hervor. Da werden zwar „Akteure der Wirtschaftsförderung“ genannt. Aber die Verfasser geben sich im Konzept nicht zu erkennen: keine Personen, kein Amt, keine Angaben. Aus gutem Grund?

NIEMAND BEKENNT SICH ALS VERFASSER

Mindens Bürgermeister Michael Jäcke (SPD) gibt auf Seite 3 ein Geleitwort zum Besten. Deshalb darf man wohl vermuten, dass es ein offizielles Papier aus seiner Stadtverwaltung ist. (Das gesamte Konzept können Sie hier downloaden im Ratsinformationssystem der Stadt Minden.)

Um es vorwegzunehmen: Diesem Konzept geht nahezu alles ab, was ein umsichtiges, kluges Wirtschaftsförderungskonzept ausmachen würde. Wussten die Verfasser das und haben deshalb ihre Namen nicht genannt? Es fehlen:

    • eine klare Vision für die Stadt und ihre Wirtschaft für die kommenden zehn Jahre

    • eine stringente strategische Entwicklungsebene, aus der sich operative Maßnahmen ergeben

    • eine angemessene kritische Selbstreflexion des Bisherigen, Erreichten und Verfehlten

    • eine Bereitschaft zum Blick über den eigenen Tellerrand auf regionale und überregionale Wettbewerber

Es ist ein Konzept auf Kaffeekränzchen-Niveau. So, wie Lieschen Müller vom Lande sich so ein Konzept eben vorstellt. Immerhin 95 A4-Seiten stark, eng beschrieben. Also fleißig, fleißig. Keine Frage: Da war jemand stets bemüht.

Das war’s dann aber auch schon. Sobald sich der Blick nicht auf Quantität richtet, sondern auf Inhalte, ergibt sich ein erschütterndes Bild.

Da wird mit falschen Zahlen operiert; da werden Banalitäten wie interne Meetings zur Wirtschaftsförderung hochgejazzt; da wird sich ungeniert mit fremden Federn geschmückt; da werden Befragungen mit denkbar dünner Datenlage ausgewertet – es ist beschämend …

Aber der Reihe nach.

FALSCHE ZAHLEN IM KONZEPT

Gleich auf Seite 6 wartet das Konzept mit einer guten Nachricht auf. Vollmundig heißt es da:

„Die Wirtschaft der Stadt Minden ist in den vergangenen Jahren spürbar gewachsen. Seit dem Jahr 2013 sind in der Stadt 4.465 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden (+12,3%). Zum Stichtag am 31.06.2020 waren 41.252 sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer*innen in Minden beschäftigt.“

Die anonymen Konzeptverfasser betonen das wohl so deutlich, um sich selbst ein Lob für gute Wirtschaftspolitik auszusprechen und auf die eigene Schulter zu klopfen.

Und in der Tat: Jeder einzelne neue Arbeitsplatz ist ein Segen für Stadt und Gesellschaft – keine Frage!

Aber stimmen diese Zahlen überhaupt?

Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder führen haarklein Buch über die Zahl sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze. Auf www.regionalstatistik.de sind die Daten für jedermann frei abrufbar.

Dort wird für den oben zitierten Stichtag 31.06.2020 tatsächlich die Anzahl von 41.252 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Stadt Minden ausgewiesen.

Für den gleichen Stichtag in 2013 werden 36.380 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte genannt.

Macht einen  Zuwachs von exakt 4.872 Beschäftigten zwischen 2013 und 2020 – also gut 400 Beschäftigte mehr als die im Konzept genannten 4.465.

Kinners, lasst doch die Finger von Wirtschaft, wenn Zahlen eure Welt nicht sind!

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Minden  in 2013 und 2020
Minden, Westf.
30.06.2013
36.380
30.06.2020
41.252
Veränderung
+4.872

Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder | Recherche von „Das Herz der Stadt“

Es ist diese Art von Schludrigkeit und Wurschtegal, die sich wie ein roter Faden durch das Konzept zu ziehen scheint.

Sobald man etwas nachprüft oder auf die Probe stellt, erweisen sich die Angaben als dünn, wenig aussagekräftig oder sogar falsch.

Was soll das für eine Basis sein, um Wirtschaft zu boosten und Zukunft zu gestalten?

MINDEN AUF DEN LETZTEN PLÄTZEN

Aber ob 4.872 neue Arbeitsplätze oder nur 4.465: Sind diese Zahlen tatsächlich so, dass man sich auf die Schultern klopfen darf für seine gute Wirtschaftspolitik?

Dazu muss man die Zahlen ins Verhältnis setzen, zum Beispiel zu anderen Kommunen und Gemeinden, und den Zuwachs prozentual vergleichen: bezogen auf die Basis, von der die jeweilige Gemeinde kommt.

Sobald man das macht, bleibt in Minden nicht mehr viel zum Feiern übrig.

Machen wir also das, was die anonymen Verfasser des Konzepts nicht gemacht haben: Blicken wir mal über den eigenen Tellerrand. Und vergleichen die Zahlen aus Minden mit denen aus Nachbargemeinden.

Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder halten alle erdenklichen Daten bereit. Wir haben für unseren Vergleich acht zufällige Gemeinden im regionalen Umfeld ausgewählt und blicken auf die Entwicklung im Zehn-Jahres-Zeitraum 30.06.2010 bis 30.06.2020.

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Minden und Nachbargemeinden  2010 bis 2020
Bad Oeynhausen
Bückeburg
Herford
Hille
Minden, Westf.
Nienburg (Weser)
Petershagen
Porta Westfalica
Rinteln
30.06.2010
20.313
6.382
30.088
2.818
35.734
12.700
3.600
10.977
8.164
30.06.2020
24.239
7.262
35.044
3.441
41.252
15.400
4.348
12.682
9.147
Zuwachs absolut
+ 3.926
+ 880
+ 4.956
+ 623
+ 5.518
+ 2.700
+ 748
+ 1.705
+ 983
Zuwachs prozentual
+ 19,33 %
+ 13,79 %
+ 16,47 %
+ 22,11 %
+ 15,44 %
+ 21,26 %
+ 20,78 %
+ 15,53 %
+ 12,04 %

Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder | Recherche von „Das Herz der Stadt“

Was wir hier erkennen: Alle Kommunen haben zwischen 2010 und 2020 deutlich zugelegt bei den Beschäftigtenzahlen. Das ist erfreulich.

Besagt aber auch, dass offenbar von einem gesamtwirtschaftlichen Trend profitiert wurde. Der deutliche Anstieg hat also weniger mit der eigenen Wirtschaftspolitik zu tun als vielmehr damit, dass die Wirtschaft insgesamt gewachsen ist.

Umso wichtiger ist der Blick auf die Details: Wer hat aus seiner Ausgangsposition 2010 das Beste gemacht?

Und da landet Minden auf dem wenig ruhmreichen drittletzten Platz – knapp vor Rinteln und Bückeburg, die offenbar noch weniger aus ihrer Ausgangssituation machen konnten.

Spitzenreiter sind Hille, Nienburg, Petershagen – allesamt mit einem Wachstum jenseits der 20-Prozent-Marke. Chapeau, das ist stark.

Was also haben diese Kommunen besser gemacht, könnte man sich fragen? Mit welchen Strategien haben sie das erreicht? Wie kriegen sie die Strategien erfolgreich umgesetzt? Und was lässt sich daraus an Erkenntnisgewinn für die eigene Kommune ableiten?

Es ist genau diese Betrachtungsweise, die in einem klugen Wirtschaftskonzept den Weg öffnen könnte für eine nachhaltige, zukunftsgerichtete Wirtschaftspolitik: der Blick über den eigenen Tellerrand.

Dass Kommunen heute im Wettbewerb untereinander stehen, dass Städte und Gemeinden kämpfen müssen um Investoren, Arbeitsplätze, Touristen etc. – die anonymen Verfasser des Konzepts haben diesen Blick, so gut es nur geht, gemieden. Gerade so, als sei man ganz allein auf der Welt und bewege sich völlig losgelöst von allem anderen.

UNINSPIRIERT WIE EINE ERSTSEMESTER-ARBEIT

Stattdessen findet sich im Konzept eine fleißig, fleißig zusammengetragene Betrachtung des Status quo, deren Kernstück eine Befragung aus 2020 ist, an der sich 132 Mindener Unternehmen beteiligt haben.

Das sind gerade mal 4 Prozent der circa 3.300 Unternehmen in Minden. Und wohlgemerkt: natürlich nicht etwa repräsentativ ermittelt!

Eine so dünne Datenbasis über viele, viele Seiten im Konzept auszuwalzen: Welchen sinnvollen Erkenntnisgewinn darf man sich daraus wohl erwarten? Welche strategischen Maßnahmen sollen sich daraus ableiten?

So lesen sich denn auch die Handlungsfelder, die ab Seite 52 fleißig, fleißig aufgezählt werden. Da wird so ziemlich alles Bestehende genannt, was sich irgendwie unter „Wirtschaft“ subsumieren lässt: die seit Jahren in Diskussion befindlichen Wunschkinder „Multifunktionshalle“ und „Kino“; der bislang eher dubios agierende private Investor im Objekt „Obermarktpassage“; die unvermeidliche, bunte „Standortbroschüre“, die in 2. Auflage gedruckt werden soll …

Da wird der „Rail Campus OWL“ gefeiert, der ja tatsächlich großes Potenzial birgt für Stadt und Region, aber wohl eher als glückliche Fügung für Minden zu bewerten ist. Als „Geschenk“ von Deutsche Bahn und Ostwestfalens Hochschullandschaft – nicht als in Minden selbst gestaltetes Stück Technologie-Zukunft.

Da wird das Gründerzentrum „Start MI UP“ genannt, das nach sechsjähriger Planung 2019 auch schon an den Start gehen konnte – und als erstes seinen großspurigen Namen ändern musste, weil das Original-„MIT“ in den Vereinigten Staaten den ursprünglichen Namen „M.I.T.“ als dummdreiste Anmaßung empfand.

INTERNE MEETINGS ALS FÖRDERMASSNAHME

Gänzlich in den Bereich des Grotesken geht es, wenn das Konzept sogar Banalitäten zur Wirtschaftsförderung aufmotzt. Kein Witz!

Seite 59: „Jour fixe Wirtschaftsförderung“. Das ist ein internes Verwaltungs-Meeting, bei dem sich verschiedene Abteilungen treffen, abstimmen, austauschen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, sollte man meinen – oder? Überall auf der Welt. Nur nicht in Minden.

Immerhin 17 solcher internen Meetings werden für 2018 genannt – fleißig, fleißig. 2019 waren es 19, 2020 insgesamt 18. Und der Blick in die visionäre Zukunft? Hier kommt er: Da sollen die Meetings weiter 14-täglich stattfinden. Grandioser Plan!

Wenn wenigstens genug Kekse dabei vernascht werden, dürfte sich immerhin das Back-Handwerk unterstützt fühlen. Wirtschaftsförderung im wahrsten Sinne des Wortes auf Kaffeekränzchen-Niveau.

All das kommt nicht nur gestalterisch wie eine BWL-Erstsemester-Arbeit daher – es liest sich auch durch und durch so.

So uninspiriert und so uninspirierend, so saftlos und kraftlos, dass man es förmlich mit den Händen greifen kann: Schon wieder bleibt diese Stadt weit, weit unter ihren tatsächlichen Möglichkeiten …

Zukunft wird so nicht gestaltet – Zukunft passiert.

Die gute Nachricht: Mindens Wirtschaft ist vermutlich stark genug – sie wird auch dieses lächerliche „Wirtschaftsförderungskonzept“ verkraften. 

Notabene: „Die drei Schattenparker vom Rat“ haben das Wirtschaftsförderungskonzept des Bürgermeisters offenbar ebenfalls gelesen. Und hätten da noch einen Vorschlag …

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Nach Klage-Androhung des Bürgermeisters offline: „Wer wusste alles vom SKM-Konzept? Mehr als sich heute erinnern mögen! Hier sind die Namen. Und der Beweis.“

Nach Klage-Androhung des Bürgermeisters offline: „Wer wusste alles vom SKM-Konzept? Mehr als sich heute erinnern mögen! Hier sind die Namen. Und der Beweis.“

Autor Edgar Wilkening

AUTOR
Edgar Wilkening
Publizist, Entwickler, Berater

Der ursprünglich am 5. März 2021 an dieser Stelle veröffentlichte Artikel “Wer wusste alles vom SKM-Gutachten? Mehr als sich heute erinnern mögen! Hier sind die Namen. Und der Beweis” wurde am 9. März 2021 offline geschaltet.

Hintergrund ist eine Klage-Androhung von Mindens Bürgermeister Michael Jäcke gegen den Das Herz der Stadt-Betreiber und Autor des Artikels Edgar Wilkening.

Was war geschehen?

Das Herz der Stadt hatte ein vertrauliches Dokument zugespielt bekommen: die amtliche „Niederschrift zur 67. Sitzung des Ältestenrates“ der Stadt Minden am 9. Mai 2019.

In dieser Sitzung gingen die Gespräche offenbar auch um das Konzept der Firma SKM zur Multifunktionshalle. Das belegen Aussagen eines Stadtverordneten, die in der Niederschrift festgehalten sind.

Damit offenbart das vertrauliche Dokument, dass große Teile der Mindener Politik von der Existenz des SKM-Konzepts wussten – lange bevor es im Herbst 2020 in die Öffentlichkeit gelangte.

Nach Bekanntwerden des SKM-Konzepts gab es große Empörung über die jahrelange Geheimhaltung. Vor dem Hintergrund der Ältestenrat-Sitzung im Mai 2019 wirkt die Empörung vieler Stadtverordneter heute allerdings scheinheilig und doppelzüngig. Das macht das Dokument so brisant.

Besonders pikant: Unter denen, die heute die Umstände rund ums SKM-Konzept aufklären sollen, sind ausgerechnet solche Stadtverordnete, die seinerzeit persönlich an der Ältestenrat-Sitzung teilgenommen haben.

All das lässt sich aus der Niederschrift erkennen. Deshalb war es für Das Herz der Stadt geboten, diese Passagen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Denn die Niederschrift offenbart das dubiose Ränkespiel der Politik in unserer Stadt.

Mindens Bürgermeister Michael Jäcke sieht das offenbar anders. In einer E-Mail vom 8. März 2021 an Das Herz der Stadt fordert er, „sowohl das Dokument als auch die Auszüge aus Ihrem Beitrag umgehend zu entfernen.“

Für den Fall der Zuwiderhandlung droht er unverhohlen mit Klage: „Sollte dieses nicht geschehen, werden wir dieses mit gerichtlicher Hilfe durchsetzen.“

Nun lässt sich trefflich darüber streiten, ob dieser Aufforderung überhaupt nachzukommen ist.

Käme es vor Gericht, würde es um die Frage gehen: Überwiegt das „öffentliche Interesse“ an den Inhalten gegenüber den Schutzinteressen der Stadt – oder nicht? Fragen Sie drei Juristen dazu und Sie bekommen vier Meinungen.

Ja, kann man durchziehen: über Monate, über Jahre, als kleiner Indy-Publisher gegen einen bis an die Zähne mit Möglichkeiten ausgestatteten Verwaltungsapparat, von einer Instanz in die nächste, Energie reinstecken, Zeit investieren, Kräfte binden … Kann man aber auch lassen.

Und für letzteres hat sich die Redaktion entschieden. Deshalb wurde der Beitrag am 9. März 2021 offline gestellt.

Doch statt als Niederlage betrachten wir es eher als Ritterschlag: Das Herz der Stadt ist noch keine acht Wochen im Netz – und hat schon eine Klage-Androhung von öffentlicher Hand auf dem Tisch? Davon können andere Medien nur träumen …

Zumal man festhalten muss: In seiner E-Mail hat Bürgermeister Michael Jäcke an keiner Stelle die Richtigkeit der Inhalte des Artikels oder die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen in Abrede gestellt.

Es ging ausschließlich um diesen einen Punkt: dass die Niederschrift ein vertrauliches, ein nicht-öffentliches Dokument ist – und deshalb nicht veröffentlicht gehört.

Der Rest wurde mit keinem Wort beanstandet. Wer will, kann das sogar als indirekte Bestätigung des Artikels verstehen. Das spricht für sich. ♥

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Die Zeitreisen des Herrn Kresse: Wie ein Kämmerer am Raum-Zeit-Kontinuum rüttelte

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Autor Edgar Wilkening

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Edgar Wilkening.
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Ungereimtheiten und Auffälligkeiten: Es gibt derer viele im Rathaus der Stadt Minden rund um das geheim gehaltene SKM-Konzept.

Eine der bemerkenswertesten rankt sich um eine der drei SKM-Rechnungen: die mit der Nummer „03/2019“ vom 18.02.2019 über 23.205 Euro für Leistungen im Zeitraum 07.12.2018 bis 19.12.2018.

Denn die Art und Weise, wie diese Rechnung im Rathaus verbucht wurde, offenbart einen ganz und gar außergewöhnlichen Eingriff ins Raum-Zeit-Kontinuum. In diesem Fall würde dem Kämmerer der Nobelpreis für Physik gebühren: für die erste jemals nachgewiesene Zeitreise der Menschheit.

Nur für den vollkommen unwahrscheinlichen Fall, dass es sich doch nicht als spektakuläres Raum-Zeit-Phänomen entpuppen sollte, bliebe als Erklärung wohl nur noch ein plumper bilanzbuchhalterischer Buchungstrick, um irgendetwas zu vertuschen.

Statt eines Anrufs vom Stockholmer Nobelpreis-Komitee würde den Kämmerer dann wohl eher ein Besuch der Staatsanwaltschaft erwarten.

… und das hält hier ja nun wirklich niemand für möglich bei so durch und durch ehrbaren, tadellos aufrechten Menschen im Rathaus.

Deshalb glauben wir bei Das Herz der Stadt ganz fest daran, dass der nächste Nobelpreis für Physik nach Minden geht. Schauen wir uns die sensationelle Zeitreise des Kämmerers mal an.

Die spektakuläreZEITREISEeiner ganz und gar amtlichen Buchung

L

15. FEBRUAR 2019

Stichtag für die Zuordnung von Buchungen zu 2018

Eigentlich ein langweiliger Tag. Aber wir brauchen ihn als Benchmark, als verbindlichen Messpunkt, um die Zeitreise belegen zu können. Denn eins ist klar: kein Beweis – kein Nobelpreis.

Buchungs-Stichtage dienen dazu, Bilanzzeiträume voneinander abzugrenzen. In diesem Fall: das Haushaltsjahr 2018 trennen zu können vom Haushaltsjahr 2019.

Hintergrund: Zum 31. Dezember eines Jahres liegen noch nicht alle Rechnungen vor, die das Jahr betreffen. Viele trudeln erst im Januar ein oder noch später. Deshalb setzt man sich einen solchen Buchungs-Stichtag.

Alle Forderungen, die bis zum Stichtag eintreffen und das alte Jahr betreffen, werden auf das alte Jahr gebucht. Alle Forderungen, die nach dem Stichtag eintreffen, werden auf das neue Jahr gebucht – selbst wenn sie vom Gegenstand her das alte Jahr betreffen.

In Minden ist dieser Stichtag der 15. Februar: unser Messpunkt für die Zeitreise des Herrn Kresse.

L

16. FEBRUAR 2019

Buchungs-Stichtag plus Tag Eins

Mal sehen, was wir bislang rausgefunden haben. Gestern war Buchungs-Stichtag für 2018. Heute flattert eine Rechnung ins Rathaus.

Der Rechnungsgegenstand betrifft zwar das Vorjahr, aber der Rechnungseingang (belegt durch Eingangsstempel) liegt nach dem Stichtag.

Frage: In welches Haushaltsjahr muss diese Rechnung gebucht werden? Ins vorherige Haushaltsjahr? Oder ins aktuelle Haushaltsjahr? Na?

L

20. FEBRUAR 2019

Eingang aller drei SKM-Rechnungen im Mindener Rathaus

Wir befinden uns volle fünf Tage nach dem Buchungs-Stichtag für 2018. Heute trudeln drei verschiedene Rechnungen von SKM ein, allesamt mit handschriftlichem Eingangsvermerk „20.02.2019“. Zwei der Rechnungen betreffen Vorgänge in 2018, eine 2019.

Jetzt können Sie zeigen, dass Sie das Zeug zum Kämmerer haben – so schwer ist das alles gar nicht: In welches Haushaltsjahr müssen diese drei Rechnungen gebucht werden? 2018 oder 2019?

L

MÄRZ 2019

Der Frühling kommt und die Bilanz für 2018 ist schon fast fertig

Der Februar ist ins Land gegangen. Der März ebenfalls. Die Bäume schlagen aus. Der Buchungs-Stichtag liegt mittlerweile Wochen zurück. Längst arbeitet man im Rathaus daran, endgültig Bilanz zu ziehen für das Haushaltsjahr 2018. Vorbildlich.

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4. APRIL 2019

Der Tag der spektakulären Reise zurück ins Jahr 2018

An diesem Donnerstag passiert Epochales im Mindener Rathaus. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, macht sich ein Mitarbeiter des Rathauses auf den Weg zurück in der Zeit. Und wird damit die Art und Weise, wie die Menschheit bislang auf Raum und Zeit geschaut hat, für immer verändern.

Welcher Mitarbeiter es genau war, ob es der Kämmerer persönlich war, ist bislang noch ebenso wenig bekannt wie die genaueren Umstände.

Fest steht aber: Am Ende des 4. April 2019, mehr als sechs Wochen nach Buchungs-Stichtag, ist die SKM-Rechnung mit der Nummer „03/2019“ über 23.205 Euro, Eingangsstempel 20.02.2019, zurückgebucht in das Haushaltsjahr 2018. Wow!

Ein kleiner Schritt für einen Kämmerer, aber ein großer Schritt für die Menschheit. Es spricht für die Bescheidenheit dieses Mannes und seines Teams, dass sie dieses Ereignis nicht an die große Glocke hängen wollen.

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IRGENDWANN IN NAHER ZUKUNFT

Das schwedische Nobelpreis-Komitee ruft im Mindener Rathaus an

Ein so spektakulärer Eingriff ins Raum-Zeit-Kontinuum – das bleibt auch in Stockholm nicht unbemerkt. Man wird dem Kämmerer die ihm gebührende Ehre dafür erweisen. Wir jedenfalls glauben ganz fest daran …

Scherz beiseite. Alle genannten Daten sind durch Quellen belegt, nämlich: Bericht des Rechnungsprüfungsamtes der Stadt Minden sowie Aussagen von Ute Hannemann, Leiterin des Rechnungsprüfungsamtes der Stadt Minden, am 04.02.2021 im Rat der Stadt Minden.

Falls diese Vorgänge nicht mit einem spektakulären Eingriff ins Raum-Zeit-Kontinuum zu erklären sind, wird sich jemand dafür zur Verantwortung ziehen lassen müssen.

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FLASHBACK Februar 2019: Der offene Brief der Architektin Astrid Engel – der dann genau so eintrat

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Februar 2019: Der offene Brief der Architektin Astrid Engel – der dann genau so eintrat

FLASHBACK – das ist die neue Serie bei „Das Herz der Stadt“. Wir werfen einen beherzten Blick zurück – auf Ereignisse, Berichte, Geschehnisse. Und schauen mit etwas Abstand, was daraus geworden ist.

FLASHBACK
Februar 2019: Der offene Brief der Architektin Astrid Engel – der dann genau so eintrat

Autor Edgar Wilkening

AUTOR
Edgar Wilkening.
Hinterher ist man immer schlauer? Lässt der erfahrene Stratege nicht gelten. „Schlau ist nur, wer vorher schon erkennt, was hinterher rauskommt.“

Er liest sich wie ein Fanal, wie eine böse Vorahnung: der offene Brief der Mindener Architektin Astrid Engel vom Februar 2019.

Ein glühender Appel an Politik und Stadtgesellschaft, die historisch einmalige Chance, die sich damals am Rampenloch bot, nicht zu verspielen. Am Ende ist – leider, leider, leider – alles so gekommen, wie prophezeit …

„Stadt der vertanen Chancen? Minden arbeitet weiter daran“ lautete der provokante Titel des offenen Briefes, der am 20. Februar 2019 auf der Webseite der Architektin online ging.

Parallel verschickte Astrid Engel den Brief mit regulärer Post an alle Vorsitzenden der damaligen Fraktionen im Mindener Stadtrat. Die PDF-Version des Original-Briefs gibt’s hier zum Download (345 KB).

Eine einmalige Konstellation von Faktoren, die sich damals am Rampenloch ergeben hatte – das war es, worauf die Architektin hinweisen wollte. Eine Gelegenheit, die sich so bisweilen eben nur für eine einzige Generation öffnet. Und die muss dann klug damit umgehen.


ERSTENS
Ein Areal mit einer bedeutsamen zweihundertjährigen Geschichte: Rotlichtbetrieb auf Geheiß des preußischen Staates zur öffentlichen Gesundheitsvorsorge.

ZWEITENS
Der Rotlichtbetrieb ist wirtschaftlich am Ende, das Areal fällt in einen Dornröschenschlaf – und will wachgeküsst werden für eine neue, zukunftsgerichtete Nutzung.

DRITTENS
Die Stadt Minden erwirbt das Areal selbst – und hat damit alle Möglichkeiten, den Prozess der Neu-Entwicklung klug und zum Nutzen aller zu steuern.


Drei Fügungen, die mehr oder wenig zufällig zusammenfallen, in einem winzigen Zeitfenster. Die Gunst der Stunde. Man könnte sie nutzen.

In anderen Städten fängt man schon unter weniger günstigen Voraussetzungen an, ein ganz großes Rad zu drehen und Außergewöhnliches daraus zu schaffen.

Warum also nicht auch in Minden?

… ach, stimmt: weil wir in Minden sind.

Denn zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Briefes hatte der Haupt- und Finanzausschuss auf Geheiß des Baubeiorgeordneten Lars Bursian längst dessen Plan abgenickt, das Areal für Wohnbebauung zu verwenden.

Alternativen zu Wohnnutzung? Null! Nicht mal erwogen! Beispielsweise: eine Nutzung für die gesamte Bürgerschaft, für alle Mindener Bürger. Och nö! Oder für einen Attraktionspunkt über die Stadtgrenzen hinaus? Nix da! Oder irgend-, irgend-, irgendeine Alternative zu gesichts- und geschichtslosem Wohnen? Nein. Dem Baubeigeordneten und seiner Entourage schön auf den Leim gegangen.

„Damals habe ich gesehen, wie bequem es sich fast alle Stadtverordneten machen, ganz gleich, aus welcher Partei“, sagt Architektin Astrid Engel heute. „Seitdem weiß ich, wie wichtig es ist, dass wir unbequem sind als Bürger – und Politiker nicht durchkommen lassen mit ihrer Bequemlichkeit.“

Deshalb der deutliche Tonfall im offenen Brief. Denn direkt nach der Veröffentlichung gab es nur noch den Stadtrat, der die Situation hätte retten können. Aber in den Reaktionen, die die Architektin auf ihren Brief kassierte, zeichnete sich schon ab, was kommen würde: überwiegend Desinteresse, viel Arroganz und, ja, auch sehr viel Dummheit.

Am 28. Februar 2019 winkte deshalb auch der Stadtrat den Wohnplan durch. Historische Chance? Kein Interesse.

Heute sind all die Dinge, die in Astrid Engels Text nur böse Prophezeiungen waren, längst eingetreten. Das Areal wurde einem Bauunternehmer zur Wohnbebauung anhand gegeben. Die Kosten, die die Stadt beim Erwerb des Areals hatte, kommen nicht mal zu einem Drittel wieder rein. Eine Nutzung, die Sinn stiften würde für alle Mindener und die gesamte Stadt, oder womöglich sogar über die Stadtgrenzen hinaus – passé.

Lediglich ein einziger der damals beteiligten sechzig Stadtverordneten hat bis heute den Mumm gehabt, öffentlich einzugestehen: „Wir haben da einen Riesenfehler gemacht damals.“

Der Rest der Karawane zieht einfach weiter – zu den nächsten Chancen, die es zu vergeigen gilt auf Kosten der Bürger, auf Kosten der Stadt.

Auch deshalb ist der offene Brief vom Februar 2019 heute ein bedeutsames Zeitdokument. Weil er zeigt, wie wenig Sinn für historische Situationen Verwaltung und Politik offenbar haben. Und wie wichtig es ist, dass Bürger unbequem sind und aufpassen auf ihre Städte.

Das Herz der Stadt jedenfalls steht gern auf der Seite der Unbequemen. ♥

Der offene Brief vom 20. Februar 2019 hier zum Download

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Wahlprüfungsausschuss: Die dunkle Seite der Macht in unserer Demokratie – jedenfalls in Minden-Lübbecke

Autor Edgar Wilkening

AUTOR
Edgar Wilkening

Ich mache mir Sorgen um unsere Demokratie.

Am 24. Februar 2021 habe ich an der Sitzung des Wahlprüfungsausschusses des Kreises Minden-Lübbecke teilgenommen. Seitdem mache ich mir Sorgen um unsere Demokratie.

Nein – nicht wegen AfD-Politikern wie Sebastian Landwehr, der im Ausschuss saß als Vertretung für AfD-Rechtsaußen Thomas Röckemann. Mit solchen Kräften muss Demokratie umgehen können.

Sorgen mache ich mir WEGEN DER ÜBRIGEN AUSSCHUSS-MITGLIEDER, die anwesend waren – die aus den sogenannten „normalen“ Parteien.

Philipp Müller (CDU), Angelika Buttler (SPD), Moritz Brünger (CDU), Ulrich Pock (SPD), Jana Katharina Sasse (Grüne) und, und, und. Denn wenn man sie fragen würde – sie würden sich wohl allesamt als aufrechte Demokraten bezeichnen.

Das passt wiederum gar nicht zu dem, was sie sich in der gestrigen Auschusssitzung geleistet haben …

Wohin der Hase laufen würde, stellte Ausschussvorsitzender Rolf Dieter Schütte (CDU) schon vor Beginn der Sitzung klar. „Das werden wir hier heute nicht mehr aufklären können, was da war“, sagte Schütte im persönlichen Gespräch mit Thorsten Bertram.

Bertram nahm als Gast an der Ausschusssitzung teil. Grund: Er und seine Frau Katrin waren am 27. September 2020 bei der Stichwahl zum Landrat / zur Landrätin an der Abgabe ihrer Stimmen gehindert worden.

Es war bei weitem nicht die einzige Unregelmäßigkeit, die sich an jenem Wahlsonntag im Stimmbezirk 071, Hauptschule Todtenhausen abgespielt haben muss. Denn am Ende des Wahltages verweigerten die Wahlhelfer im Lokal die Unterzeichnung der Wahlniederschrift – offenbar weil sie fürchteten, sich anderenfalls der Dokumentenfälschung schuldig zu machen.

Die Wahlniederschrift ist ein hochoffizielles Dokument. Es ist das offizielle Protokoll eines Wahltags im jeweiligen Stimmbezirk. Es hält auch besondere Vorkommnisse und andere Auffälligkeiten fest. Zum Beispiel, wenn Personen bei der Wahl zurückgewiesen wurden.

In der Wahlniederschrift aus dem Stimmbezirk 071, Hauptschule Todtenhausen fehlt jeder Hinweis auf die Zurückweisung der Eheleute Katrin und Thorsten Bertram. Und wohl auch deshalb  verweigerten die Wahlhelfer ihre Unterschrift unter das Dokument.

Welche Rolle SPD-STADTVERBANDS-VORSITZENDER THORSTEN BÜLTE als verantwortlicher Wahlvorsteher dabei spielte, ist bis heute nicht geklärt.

Es gäbe also genug zu prüfen für ein demokratisches Organ, das sich ganz offiziell „Wahlprüfungsausschuss“ nennt.

Und trotzdem nimmt der Ausschussvorsitzende Schütte schon zwanzig Minuten vor Beginn das Ergebnis vorweg? „Das werden wir hier heute nicht aufklären können…“

Punkt 15:30 Uhr beginnt die Sitzung. Begrüßung. Feststellen der Beschlussfähigkeit. Weil es die erste Sitzung in der neuen Legislaturperiode ist: offizielle Verpflichtung der Ausschussmitglieder. Dann Tagesordungspunkt 2: die Einsprüche der Eheleute Katrin und Thorsten Bertram gegen die Wahl.

Der Vorsitzende übergibt an Kreiswahlleiterin Cornelia Schröder. Die lässt keinerlei Zweifel daran: Die Einsprüche der Bertrams sind berechtigt. Beide hätten am Wahltag im Wahllokal wählen dürfen. Es war nicht rechtens, den Eheleuten Bertram die Ausübung ihres Wahlrechts im Wahllokal zu verweigern.

Allerdings: Angesichts eines insgesamt sehr deutlichen Wahlergebnisses (circa 56.000 Stimmen für CDU-Kandidatin Anna Katharina Bölling, nur etwa 32.000 Stimmen für SPD-Kandidat Ingo Ellerkamp) habe die Wahlbehinderung der Eheleute Bertram letztlich keinen Einfluß auf das Wahlergebnis und sei also vernachlässigenswert.

Vorsitzender Schütte schaut in die Ausschussrunde: „Fragen dazu? Wünscht jemand Erläuterungen?“ Niemand meldet sich. Kein einziger. Nicht einer – nicht eine! „Dann kommen wir zur Beschlussvorlage.“ Die wird ohne Gegenstimmen, ohne Enthaltungen, also einstimmig angenommen von allen Ausschussmitgliedern.

Es ist jetzt 15:38 Uhr. Nochmal: Punkt 15:30 ging’s los! Die Sitzung hat bis jetzt EXAKT ACHT MINUTEN gedauert. Und alle Fragen sind geklärt?

Alle Unregelmäßigkeiten, alle Auffälligkeiten im Stimmbezirk 071, Hauptschule Todtenhausen, sind damit für den Wahlprüfungsausschuss erledigt. Finito. Ende. Thema vom Tisch.

Was hätte man nicht alles fragen können als wahrhaft aufrechter Demokrat!

Was waren die Gründe, dass man den Eheleuten Bertram das Wahlrecht verweigerte? Wer ist dafür verantwortlich?


Wie vielen Menschen insgesamt wurde die Teilnahme an der Wahl im Stimmbezirk 071 vor Ort verweigert, wenn doch Strichlisten darüber geführt wurden und die Bertrams die Auskunft erhielten, sie seien nicht die einzigen gewesen?


Warum wurden derartige Vorfälle in der Wahlniederschrift nicht formell protokolliert, sondern die entsprechenden Felder leergelassen? Wer ist dafür verantwortlich?


Warum haben die im Wahllokal anwesenden Wahlhelfer ihre Unterschriften unter die Wahlniederschrift verweigert?


Darf eine formell ungültige Wahlniederschrift überhaupt in ein Wahlergebnis einfließen?


Wem hätte wann auffallen müssen, dass die Wahlniederschrift aus dem Stimmbezirk 071 ungültig ist, weil sie nicht unterzeichnet wurde?


Welche Rolle spielt SPD-Funktionär Thorsten Bülte als verantwortlicher Wahlvorsteher bei all diesen Vorfällen?


Und wie kam Bülte zu der (in der Wahlniederschrift festgehaltenen) eigenmächtigen Einschätzung „Das Ergebnis bleibt davon unberührt“, wenn doch die Wahlniederschrift insgesamt formell ungültig ist?


Warum hören wir nicht Thorsten Bertram zu alledem – da er ja heute als Gast zugegen ist und ohnehin vorab schriftlich um Redeerlaubnis in der Sitzung gebeten hatte?

… hätte man alles fragen können. Das und vieles mehr.

Interessiert selbstzufriedene „aufrechte Demokraten“ aber offenbar nicht. Die interessiert vor allem: schnelles Durchwinken, rasches Abnicken, fix nach Hause bei dem schönen Wetter.

Um das hier klarzustellen: Nein, es geht nicht darum, das Ergebnis der Stichwahl anzuzweifeln. Der Sieg der CDU-Kandidatin Anna Katharina Bölling ist so eindeutig, wie es ein demokratisches Wahlergebnis nur sein kann. Gut so.

Gerade WEIL DAS ERGEBNIS SO EINDEUTIG IST, wäre es eine gute Gelegenheit gewesen für einen Ausschuss, der Unregelmäßigkeiten prüfen soll, die Vorfälle im Stimmbezirk 071 aufzuklären.

Um zu belegen, dass der Wahlprüfungsausschuss eben gerade kein stumpfes Schwert ist, kein zahnloser Papiertiger. Dass er nicht der dunklen Seite der Macht angehört. Sondern in der Lage ist, demokratische Wahlen zu prüfen und Unregelmäßigkeiten tatsächlich aufzuklären.

Damit es genau dann, wenn eine Wahl mal nicht so klar ausgehen sollte, sondern vielleicht von einigen wenigen Stimmen abhängen sollte – damit es genau dann keinerlei Zweifel an der Kompetenz, an der Integrität und an der Handlungsfähigkeit dieses Organs gibt.

Diese Chance haben die versammelten Ausschussmitglieder gestern ohne jede Not verspielt. Keine Fragen, keine Aufklärung, kein Interesse. Die dunke Seite der Macht.

Um 15:42 schließt der Darth Vader der Wahlprüfung im Kreis Minden-Lübbecke die Sitzung: „Dann bedanke ich mich für die Mitarbeit und die zügige Abarbeitung der Tagesordnung und wünsche uns allen noch einen guten Heimweg.“

Sage und schreibe zwölf Minuten hat die gesamte Sitzung gedauert. Schnell verdientes Sitzungsgeld für diese Sorte „aufrechte Demokraten“.

Ja – seitdem mache ich mir Sorgen um unsere Demokratie.

l

Auch am Wählen gehindert worden?

Falls Sie ebenfalls an der Ausübung Ihres Wahlrechts im Stimmbezirk 071 gehindert worden sein sollten und uns davon berichten möchten: einfach eine Nachricht mit Ihren Kontaktdaten an redaktion@dasherzderstadt.de – wir melden uns. Alle Hinweise werden auf Wunsch streng anonym und ohne Hinweis auf die Identität von Personen bearbeitet.

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Autor Edgar Wilkening

AUTOR
Edgar Wilkening

Bananenrepublik – das sind immer die anderen. Hier in Deutschland sind wir stolz auf unsere funktionierenden, unbestechlichen Wahlsysteme, die das Herzstück unserer Demokratie bilden.

Umso mehr Fragezeichen wirft das auf, was sich in einem Mindener Wahllokal anlässlich der Stichwahl zur Landrätin/zum Landrat am 27. September 2020 abgespielt haben muss.

Im „Stimmbezirk 071, Hauptschule Todtenhausen“ weigerte sich der für die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl verantwortliche Vorstand, die offizielle Wahlniederschrift zu unterzeichnen – offenbar in Sorge, sich anderenfalls der Protokoll- oder Dokumentenfälschung schuldig zu machen.

„Wegen unvollständiger Niederschrift verweigern die im Wahlraum Tätigen die Unterzeichnung der Niederschrift“, heißt es in einem handschriftlichen Vermerk auf Seite 6 der Wahlniederschrift (die Sie hier in voller Länge einsehen können).

Quelle: Ausschnitt aus Seite 6 der Wahlniederschrift Stimmbezirk 071, Hauptschule Todtenhausen, Minden vom 27. September 2020. Gelbe Hervorhebung durch den Autor.

Und tatsächlich: Im gleichen Dokument, ebenfalls auf Seite 6, oberes Drittel, fehlt im Feld „Der/Die Wahlvorsteher/in“ die entsprechende Unterschrift.

Quelle: Ausschnitt aus Seite 6 der Wahlniederschrift Stimmbezirk 071, Hauptschule Todtenhausen, Minden vom 27. September 2020.

Was also ist da passiert? Bananen für alle?

Zu denen, die sich zu den Vorfällen äußern, gehören Katrin und Thorsten Bertram. Sie haben Einspruch eingelegt gegen die Wahl. Denn sie sind von dem, was sich im Stimmbezirk 071, Hauptschule Todtenhausen abgespielt hat, persönlich betroffen.

Ursprünglich hatten die Eheleute Briefwahlunterlagen angefordert. Zum Zeitpunkt der Wahl hatten sie eigentlich in Urlaub sein wollen.

Corona änderte ihre Pläne: Am Tag der Stichwahl, dem 27. September 2020 waren sie daheim und wollten ihre Stimme im zuständigen Wahllokal „071 Hauptschule Todtenhausen“ abgeben.

Ihre Wahlunterlagen hatten beide bei sich, als sie am Wahlsonntag kurz nach 16:00 Uhr das Wahllokal betraten.

Und dann das: Vom Wahlvorstand wurde den Eheleuten die Abgabe der Stimme vor Ort verweigert. Begründung: Sie hätten bis 16:00 Uhr ihre Briefwahlunterlagen im Rathaus abgeben können.

Die Bertrams legten daraufhin am 13. Oktober schriftlich Einspruch ein gegen die Wahl. Und bekamen ganz formell recht: Ja – man hätte ihnen die Stimmabgabe nicht verweigern dürfen, teilte die Stadt Minden in einem Schreiben vom 4. Februar 2021 mit.

Ja – es war formell falsch, dass die Eheleute an der Ausübung ihres Wahlrechts gehindert wurden. Ja – sie hätten am Wahlsonntag im Wahllokal abstimmen dürfen. Ja – das war alles nicht in Ordnung so. Aber Folgen habe das nicht und am Ausgang der Wahl ändere es eben auch nichts …

Man könnte es dabei belassen: dumm gelaufen – und fertig.

Dumm ist aber, dass dieser Vorfall erst der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Auffälligkeiten im Stimmbezirk 071, Hauptschule Todtenhausen war.

Denn die Regeln sehen ausdrücklich vor, dass „besondere Vorfälle während der Wahlhandlung“ in der Wahlniederschrift dokumentiert werden müssen, insbesondere wenn es zur „Zurückweisung von Personen“ kommt.

Doch die Zurückweisung der Eheleute Bertram  wurde nicht protokolliert. Im entsprechenden Formularfeld auf Seite 2 der Wahlniederschrift herrscht gähnende Leere – gerade so, als seien die Bertrams nicht mal vor Ort gewesen, geschweige denn zurückgewiesen worden.

Quelle: Ausschnitt aus Seite 2 der Wahlniederschrift Stimmbezirk 071, Hauptschule Todtenhausen, Minden vom 27. September 2020.

Schwerer Verstoß gegen die Protokollpflichten. Und womöglich nicht der einzige.

Denn in ihrem Einspruch vom 13. Oktober 2020 berichten Katrin und Thorsten Bertram von „Strichlisten“, die im Wahllokal geführt wurden – offenbar weil die Eheleute längst nicht die einzigen waren, die man an der Stimmabgabe hinderte.

Im Schreiben der Bertrams ist sogar die Rede davon, dass sie aufgefordert wurden, die Wahl anzufechten.

Quelle: Ausschnitt aus dem Schreiben von Katrin Bertram (und gleichlautend Thorsten Bertram) vom 13. Oktober 2020, mit dem die Eheleute Einspruch gegen die Wahl einlegten. Gelbe Hervorhebungen durch den Autor.

Wenn es tatsächlich weitere Wähler gab, denen man die Stimmabgabe verweigerte, hat sich von denen offenbar niemand die Mühe gemacht, formelle Beschwerde einzulegen. So blieb es bei Katrin und Thorsten Bertram …

HINWEIS
Falls Sie diesen Bericht lesen und selbst zu denen gehören, die von der Wahlbehinderung betroffen sind, und sich nachträglich dazu äußern möchten: einfach eine Nachricht an mittenin@dasherzderstadt.de und wir melden uns bei Ihnen. Hinweise werden auf Wunsch auch anonym und ohne jeden Hinweis auf Personen bearbeitet.

Unrechtmäßiges Verweigern der Wahlteilnahme – Strichliste über zurückgewiesene Wähler – Empfehlungen zur Anfechtung der Wahl – falsche Protokollierung des Wahlverlaufs – Verweigerung der Unterzeichnung der Wahlniederschrift durch den Wahlvorstand … Die Liste der Verfehlungen an diesem Wahlsonntag ist lang.

Waren da Amateure am Werk? Politische Greenhorns? Im Gegenteil: All diese Unregelmäßigkeiten sind nicht einem „überforderten Normalbürger“ unterlaufen – sondern einem politisch erfahrenen Sozialdemokraten.

Wahlvorsteher und damit formeller Leiter des Stimmbezirks 071, Hauptschule Todtenhausen war Thorsten Bülte, altgedienter SPD-Genosse und Stadtverbandsvorsitzender seiner Partei in Minden sowie für die SPD im Rat der Stadt Minden vertreten.

Gab es also womöglich parteipolitische Interessen, das Wahlprotokoll fälschen zu wollen?

Quelle: Ausschnitt aus Seite 1 der Wahlniederschrift Stimmbezirk 071, Hauptschule Todtenhausen, Minden vom 27. September 2020. Gelbe Hervorhebung durch den Autor.

Was genau war da los, an diesem Wahlsonntag im Stimmbezirk 071, Hauptschule Todtenhausen? Am Mittwoch, 24. Februar 2021, wird sich der Wahlprüfungsausschuss des Kreises Minden-Lübbecke in einer öffentlichen Sitzung damit befassen.

Thorsten Bertram hat angekündigt, persönlich an der Sitzung teilzunehmen, und schon vorab um Redeerlaubnis gebeten. Er will die Dinge nicht auf sich beruhen lassen.

Der Ausschuss täte gut daran, die gesamten Hintergründe rund um den Wahlsonntag im Stimmbezirk 071, Hauptschule Todtenhausen aufzuklären.

Dazu sollte Thorsten Bertram Rederecht im Ausschuss erhalten – ja. Aber vor allem gehören die Personen zur Rede gestellt, die an den Unregelmäßigkeiten dieses Wahlsonntags mitgewirkt und sie zu verantworten haben.

Unser Wahlrecht hierzulande ist weit entfernt von jeglichem Bananenrepublik-Zustand.

Die Sitzung des Prüfungsausschusses ist eine gute Gelegenheit, das zu beweisen – all jenen, die demokratische Wahlen nach Gutdünken manipulieren möchten.

Banane

... und? Wie lief die Sitzung des Wahlprüfungsausschuss am 24. Februar 2021?

l

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