Eine Grüne als neue 1. Beigeordnete der Stadt Minden?

Autor Edgar Wilkening

12. Dez., 2024

Autor: Edgar Wilkening

Es ist eine der ganz großen Stärken von Verwaltung und Politik in Minden: Wenn’s darum geht, sich selbst in eine Sackgasse zu manövrieren, sind sofort immer alle bereit mit anzupacken und zu helfen.

So lief es bislang auch bei der Suche nach einer*m neuen Ersten Beigeordneten – immerhin das zweithöchste Amt, das in der Stadt zu vergeben ist. Auch da hat man sich jetzt beherzt in eine Sackgasse manövriert: Friss oder stirb!

Die Tagesordnung für die Sitzung des Haupt- und Finanzausschuss am 18. Dezember 2024 sieht im nicht-öffentlichen Teil als TOP 2. die Wahle einer*s Ersten Beigeordneten vor.

Als ob man noch eine Wahl hätte!

Tagesordnung

Tagesordnung Sitzung des Haupt- und Finanzausschuss am 18. Dezember 2024, 16:30 Uhr (Ausschnitt). Screenshot aus dem Ratsinfosystem der Stadt Minden in der App iRich Bürger. Gelbe Hervorhebung durch den Autor.

Was hier offiziell als „Wahl“ tituliert wird, beschränkt sich auf: Wähl die eine Person, die noch übrig ist – oder wähl sie nicht und starte dadurch das gesamte teure, zeitaufwendige Ausschreibungs- und Auswahlverfahren nochmal von vorne.

Was den Bürgern hier die Illusion vermitteln soll, der Ausschuss habe die Möglichkeit zwischen verschiedenen Optionen wählen zu können, entpuppt sich in der Realität als Inthronisierung der letzten verbliebenen Kandidatin. Alle anderen Schlussrunden-Kandidaten waren vorher abgesprungen oder vergrault worden – unter teils höchst dubiosen Umständen.

Da haben die Strippenzieher im Hintergrund solange geklüngelt, bis nur noch diese Kandidatin übrig ist. Schon bei einer früheren Wahl eines Beigeordneten für die Stadt Minden waren die Strippenzieher fleißig – bis schlussendlich dieser eine entlarvende Satz in den Bewertungspapieren der Personaler stand: „Am Ende bleibt nur der Herr Kresse übrig.“

Eine Wahl, wie die Bürger das Wort verstehen, sieht anders aus als „Es bleibt nur der Herr Kresse übrig“.

Und wer ist dieses Mal der oder die Kandidat*in, für die*den das Feld von den Mindener Mauschelbrüdern und -schwestern bereitet wurde, so dass die Gremien es nur noch abnicken müssen/können, weil nur diese eine Option noch übrig ist?

Alle Indizien deuten daraufhin, dass am 18. Dezember eine Dame in das Amt der Ersten Beigeordneten gehievt werden soll, die das Parteibuch von Bündnis90/Die Grünen in der Tasche trägt. (Die Entscheidung des Haupt- und Finanzausschuss hat empfehlende Wirkung für die Stadtverordnetenversammlung, die dann den finalen Beschluss fassen muss.)

Eine Grüne im zweithöchsten Amt der Stadt? Ist das im Sinne der Bürger und Bürgerinnen Mindens? Und überhaupt: Wie kommt der Autor zu dieser Einschätzung?

Ganz einfach: Ich habe die Kandidatin persönlich gesehen, mit eigenen Augen, bei der Vorstellung im Haupt- und Finanzausschuss am 20. November 2024. Damals waren noch zwei Kandidatinnen im Rennen. Und sie waren beide zu sehen für mich.

Nein, Geheimhaltung ist wahrlich nicht die Stärke des Mindener Rathauses. Man stellt sich so blöd an, wie es nur geht. Man hatte mir als Bürger ein Wartezimmer eingerichtet, von dem aus ich Flure im Rathaus und die Menschen, die sich dort bewegen, einsehen konnte. Die ganze peinliche Geschichte hier.

Bei der anderen Kandidatin dachte ich noch: „Kenne ich die nicht aus meiner Zeit in Hamburg? Das ist doch Frau …“ Diese Kandidatin wurde in der Folge öffentlich so beschädigt, dass sie das einzig Vernünftige machte: ihre Kandidatur hinschmiss. Diese oberpeinliche Geschichte hier in voller Länge.

Jetzt war nur noch die aktuelle Kandidatin im Rennen. Die hatte ich zwar gesehen, aber ehrlicherweise: Das Gesicht sagte mir nichts.

Bis ich sie heute vormittag wieder getroffen habe. Zufällig!

Und zwar im Internet. Ich schaute ein bisschen rum im World Wide Web, besuchte die Seiten der Grünen, weil ich ein wenig mehr über die hiesige Bundestagsabgeordnete Schahina Gambir und ihre Platzierung auf Listenplatz 15. für die Bundestagswahl im Februar erfahren wollte.

Und da war sie plötzlich. Ziemlich sicher! Die Dame, die ich am 20. November im Rathaus gesehen hatte. Auf der Seite des Kreisverbands der Grünen Minden-Lübbecke. Im Kreisvorstand mittendrin.

Ihr Name klingt, als hätte Ferrero sich eine brandneue, sauleckere Schoko-Süßigkeit ausgedacht. Und wer den Namen dann googelt, findet ihn an weiteren Stellen: im Berufs-Netzwerk LinkedIn wird sie als „Leiterin Fachbereich Zuwanderung und Integration“ in der Region Hannover geführt. Im Verein der Alten Synagoge Petershagen taucht sie ebenfalls im Vorstand auf.

Ja, all das passt zur politischen Identität und zum beruflichen Werdegang einer Kandidatin, die den nächsten Schritt jetzt auf den Posten der Ersten Beigeordneten im Rathaus Minden machen möchte.

Oder um es im bewährten Bewertungssprech der Personaler vom Rathaus Minden zu sagen: „Am Ende bleibt nur der Herr Kresse … äh, nee: die Frau Giannone über.“

Eine Schachtel Ferrero Rocher bietet mehr Auswahl als das, was die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschuss jetzt an Wahlmöglichkeiten haben. Die Amateure in Mindens Kasper-Klub namens Rathaus haben sich mal wieder gründlich in eine selbstgezimmerte Sackgasse manövriert.

Oder war das alles extra so von langer Hand eingefädelt und abgesprochen? „Am Ende bleibt nur … das übrig, was in den Hinterzimmern der Pseudo-Demokraten längst abgekartet worden war.“

Na, dann: eine schokofröhliche Wahl den Gremiumsmitgliedern am 18. Dezember!

Warum liest man nichts darüber in der Presse?

Gute Frage! Falls Sie dabei an eine ganz bestimmte Presse denken, müssten Sie dort mal direkt nachfragen. Grundsätzlich gilt aber: Lokaljournalisten haben immer so viel zu tun – Kinder zur Schule bringen, sich selbst auf die Schulter klopfen, Journalistenpreise abstauben … Da bleibt einfach wenig Zeit für das, was sie immer als Kern ihrer Arbeit rausposaunen: Recherche. Und (wie im hier beschriebenen Fall) kommen sie meist erst, wenn das Beste schon vorbei ist.

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