Eines der 10 besten Innovationsprojekte in NRW: aus Minden an der Weser

Eines der 10 besten Innovationsprojekte in NRW:
aus Minden an der Weser

Eines der 10 besten Innovationsprojekte in NRW:
aus Minden an der Weser

Autor Edgar Wilkening
Gründer und Initiator von Das Herz der Stadt. Als Marken- und Strategieberater tätig für Blue Chips, Small Caps, KMUs und Verbände.


Sie erreichen den Autor per Mail an:
ew@dasherzderstadt.de

creative.projects NRW Shortlisted

Eine neue App, die das Carsharing revolutioniert – was wie eine Idee aus New York oder dem Silicon Valley klingt, mindestens aber aus München, Hamburg oder Berlin, ist entstanden in der tiefsten Provinz: im kleinen Städtchen Minden an der Weser.

Dort feilen Architektin Astrid Engel und ich (ihr Lebensgefährte und Autor dieser Zeilen) schon seit einiger Zeit an einem Konzept, das das Thema Carsharing vom Kopf auf die Füße stellt – und damit die gemeinschaftliche Nutzung von Autos endlich auch im ländlichen Raum ermöglichen soll.

„Autonachbarn“, so der Name der deutschsprachigen Version, basiert auf dem Grundgedanken, Eigentümergemeinschaften für einzelne Fahrzeuge zu bilden.

Gruppen von zwei, drei, vier oder mehr Menschen, die nah beieinander wohnen und nur gelegentlich ein Auto benötigen, schaffen gemeinsam ein Fahrzeug ihrer Wahl an.

Um das Bewirtschaften (Was kostet der Fahrtkilometer? Wer zahlt was? Wie werden Treibstoff, Steuern, Reparatur etc. aufgeteilt?) und das Benutzen des Fahrzeugs (Aufschließen, Abschließen, Abrechnen …) alltagstauglich und einfach zu machen, gibt es die Autonachbarn-Software.

DIGITALE TECHNIK MACHT GEMEINSAMES NUTZEN VON FAHRZEUGEN ERSTMALS ALLTAGSTAUGLICH

Über die App kann das Auto auf- und abgeschlossen werden – ganz einfach mit einem Fingerwisch. Tank- bzw. Batteriefüllstand können ebenso abgerufen werden wie eventuelle Reservierungen von anderen. Alles, was man braucht, um die eigenen Fahrten zu planen.

Und wenn man das Auto mal ganz spontan braucht, genau in diesem Moment? Ein Blick in die App und man sieht, ob das Fahrzeug bereitsteht und ob irgendwann eventuell eine Fahrt vorgemerkt ist. Wenn alles passt, steht der Spontaneität nichts im Wege. Also einsteigen und los!

Dass das Konzept so praxisnah angelegt ist, hängt auch mit meiner ganz persönlichen CarSharing-Erfahrung zusammen. Seit Ende der Nuller-Jahre kamen in Hamburg Carsharing-Angebote auf. Von Freefloatern über quartiersgebundene Konzepte bis hin zu stationsbasiert: Ich habe sie alle ausprobiert, ich habe sie alle kennengelernt, ich habe sie alle genutzt.

Viele der Carsharer von damals existieren heute schon gar nicht mehr. Und ich weiß sehr genau, warum. Dementsprechend ist mir vertraut, worauf es beim Carsharing ankommt – für Anbieter ebenso wie für die Anwender.

Deshalb funktionieren die „Autonachbarn“ vollkommen anders als klassische Carsharing-Angebote: als reine Software-Anwendung, deren Service Anwender für eine kleine Gebühr pro Monat mieten.

Mehr erfahren, wie das Autonachbarn-Konzept funktioniert?

Ein vollständig digitales Angebot, das perfekt skaliert: Welche Chancen für Investoren im Autonachbarn-Konzept stecken, aber auch für Anwender, Umwelt und Gesellschaft – einfach mal im persönlichen Gespräch erläutern lassen. Jetzt Kontakt aufnehmen und Termin vereinbaren mit Astrid Engel und Edgar Wilkening.

Diese erfrischend neue Herangehensweise ans Carsharing dürfte einer der Gründe sein, warum  „Autonachbarn“ jetzt von creative.nrw als eines der zehn besten Innovationsprojekte in ganz Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet wurde.

„Ein tolles Kompliment für unser Konzept“, sagt Astrid Engel. „Und es zeigt, dass auch in der Provinz echte Innovationen entstehen können, wenn die Macher einen Blick haben, der über die Stadtgrenzen hinausreicht.“

An die hundert Konzepte hatten sich für die Auszeichnung creative.projects beworben. Zehn der Einreichungen wurden von der Jury auf die Shortlist gesetzt als beste Innovationsprojekte NRW.

NRW-Ministerin Mona Neubaur im Gespräch mit Astrid Engel & Edgar Wilkening

Inspirierender Austausch am Rande der Preisverleihung in Düsseldorf: Mona Neubaur (Mitte), Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie sowie stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen, im Gespräch mit den Autonachbarn-Machern Astrid Engel und Edgar Wilkening.
©Foto: Melissa Dibowsky

Die Preisverleihung fand am 9. Mai 2023 in lässig repräsentativem Rahmen statt: im Weltkunstzimmer in Düsseldorf. NRWs Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie und stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur war persönlich anwesend, um die Preisträger zu beglückwünschen.

Ganz offizieller Regierungs-Segen, den es aus gutem Grunde gab: creative.nrw als Ausrichter des Wettbewerbs ist ein Zusammenschluss der nordrhrein-westfälischen Kreativwirtschaft im Auftrag der Landesregierung.

KREATIVWIRTSCHAFT – EIN WORT, BEI DEM MAN IN MINDEN IMMER NOCH KOPFSCHÜTTELN ERNTET

Spätestens seit Mitte der Nuller-Jahre weiß man um den Wert der creative class – um den wirtschaftlichen, aber insbesondere auch den gesellschaftlichen Wert.

Seitdem wissen kluge Städte, wie wichtig diese Melange aus Künstlern, Machern und Kreativen für die künftige Entwicklung und Attraktivität von Städten ist.

In Hamburg habe ich in den Nuller-Jahren erlebt, wie die Gründung der Hamburg Kreativ Gesellschaft durch die Stadt die Digital-, Medien-, Film-, Werbe- und Publizistik-Szene beflügelt und damit der ganzen Stadt weiteren Auftrieb gegeben hat.

Insofern nur folgerichtig, dass auch das Land NRW jetzt eine ähnliche Gesellschaft geschaffen hat mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen für Kreative aller Gewerke zu verbessern.

Und in Minden? Erntet man vor allem Kopfschütteln und Unverständnis. 2018/2019 hatte Architektin Astrid Engel ein innovatives Konzept für die Neu-Entwicklung des Rampenloch-Areals kreiert: das Red Light Lab. Ausdrücklich als inspirierenden, lebendigen Ort für – Sie ahnen es schon: die Kreativwirtschaft.

Genau zu diesem Begriff giftete damals eine Mindenerin auf Facebook: „Kreativwirtschaft, was soll das überhaupt sein?“

Heute, ein paar Jahre später, ist die Dame sowohl im Vorstand des SPD-Stadtverbands als auch im Vorstand einer öffentlichen Kultureinrichtung tätig. Ahnungslosigkeit ist eben immer noch der beste Karriere-Turbo in Minden.

Es ist genau dieses stumpfsinnige, innovationsfeindliche Denken, das wir immer wieder erlebt haben, auf allen Ebenen, von ganz oben bis unten runter. Bei der Entwicklung des Rampenloch-Areals ebenso wie bei der Einrichtung unseres Pop-up-Ortes für Kunst und Kultur in der Obermarktstraße 19, bei dem wir am Ende sogar das Verwaltungsgericht einschalten mussten, um uns gegen Behördenwillkür zur Wehr zu setzen.

Wenn dann noch eine tumbe Lokalpresse dazukommt, die jeden klugen Gedanken sofort als „Querulantentum“ stigmatisiert, ist der Nährboden für selbstgefälligen Stillstand perfekt.

WO RUHE IMMER NOCH ERSTE BÜRGERPFLICHT IST, WIRKT DISRUPTION ALS GEFAHR

Nein, Minden habe ich nicht als innovationsfreundlichen Ort erlebt. Wo Ruhe immer noch die erste Bürgerpflicht preußischer Gehorsamkeit ist, werden disruptive Modelle und Technologien nicht als Chancen verstanden, sondern als Gefahr.

Aus dem „Autonachbarn“-Konzept als einem der besten Innovationsprojekte NRW eine funktionsfähige Anwendung zu machen und ein marktfähiges Unternehmen – all das ist anstrengend genug. Das muss man sich nicht auch noch durch ein reaktionäres Umfeld in Verwaltung und Politik zusätzlich schwermachen.

Deshalb haben wir nach der Auszeichnung in Düsseldorf eine folgenschwere Entscheidung getroffen.

Alle Beteiligten, die jetzt schon an Konzept, Technologie und Software der „Autonachbarn“ arbeiten, sind vollständig remote tätig. Für uns als rein digitales Projekt ist es gar kein Problem, die Unternehmensgründung an jedem beliebigen Ort in Deutschland zu vollziehen.

Deshalb laden wir innovationsfreundliche Kommunen, die Interesse haben an einem künftigen Gewerbesteuerzahler und digitalen Imageträger, ein zum Gespräch. Melden Sie sich, wenn Sie ein zukunftsfähiges Umfeld bieten können, das zu den „Autonachbarn“ passt.

Sie haben ein innovationsfreundliches Umfeld in Ihrer Kommune?

Dann freuen wir uns darauf, von Ihnen zu hören. Damit wir im persönlichen Gespräch miteinander besprechen können, wie wir gegenseitigen Nutzen füreinander stiften können. Jetzt Kontakt aufnehmen und Termin vereinbaren mit Astrid Engel und Edgar Wilkening.

Jeder Ort  ist denkbar für uns. Warum nicht im Mindener Umland? He, Petershagen, Porta Westfalica, Bückeburg – was geht bei Euch?

Warum nicht in Düsseldorf? Dort spricht man sehr freundlich und interessiert mit uns. Das Flair ist international. Und der Weg in die Ministerien ist deutlich kürzer.

Oder warum nicht gleich nach Bayern und dort von der ganz speziellen blauweißen Art der Standortförderung profitieren?

Ob nah, ob fern, ob groß, ob klein: Grundsätzlich kommt jede Kommune für uns als Standort in Frage.

Nur ein Ort in Deutschland, der hat sich als Zuhause für die „Autonachbarn“ selbst deutlich disqualifiziert.

Es ist die Kommune, die es bis heute nicht fertiggebracht hat zu sagen: „Gratulation, dass ein Team Bürger unserer Stadt es unter die zehn besten Innovationsprojekte in NRW geschafft hat.“

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Statt Strategie: Mindens Politik lässt sich lieber einen vom Pferd erzählen

Statt Strategie:
Mindens Politik lässt sich lieber einen vom Pferd erzählen

Statt Strategie:
Mindens Politik lässt sich lieber einen vom Pferd erzählen

Autor Edgar Wilkening

Gründer und Initiator von Das Herz der Stadt. Als Marken- und Strategieberater tätig für Blue Chips, Small Caps, KMUs und andere Organisationen.


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ew@dasherzderstadt.de

Inhalt: Was Sie In diesem Beitrag erwartet

1.
Wir blicken auf die „Stadtstrategie Minden 2032“, die im Haupt- und Finanzausschuss abgenickt wurde

2.
Wir schauen kurz, was dem Konzept fehlt, damit es sich Strategiepapier nennen dürfte

3.
Wir analysieren, ob die „Stadtstrategie Minden 2032“ so lokal verankert ist, wie es behauptet wird

4.
Wir offenbaren den ehrlichsten Satz zum Thema, den das Rathaus in die Sitzungsvorlage geschrieben hat

5.
Zum Spaß: Wir lassen die KI ChatGPT eine „Stadtstrategie 2032“ schreiben – kostenlos und in wenigen Sekunden

Ein Pferd erzählt was vom Pferd

1. Die „Stadtstrategie Minden 2032“

Berater haben ja Hochkonjunktur im Mindener Rathaus. Erst neulich waren mehrere da und verkauftem dem Kaiser neue Kleider.

Jetzt waren wieder Berater in der Stadt. Und auch sie hatten ein Tuch gewoben, so anmutig und edel, dass Bürgermeister Kaiser und Stadtverordnete Hofstaat ganz aus dem Häuschen waren und frohgemut jauchzten ob all seiner Schönheit.

Die Rede ist von der „Stadtstrategie Minden 2032“, die am 9. März 2023 im Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Minden vorgestellt, diskutiert und schlussendlich mit winzigen Änderungen abgenickt wurde – bei gerade mal einer Gegenstimme.

Eigentlich ja eine gute Sache: sich Gedanken zu machen, wo man in zehn Jahren stehen will; was man erreichen will; auf welche Assets und Ressourcen man vertrauen kann; welche Hindernisse es zu überwinden gilt; und wie man es strategisch am besten anpackt, damit man möglichst nah oder möglichst früh ans gesteckte Ziel kommt – selbst wenn sich Zeitläufte überraschend ändern sollten.

Wo kommt RB Leipzig her – und wo steht der Verein heute? Am Anfang stand eine klare Strategie

Kluge Unternehmen, kluge Marken machen so etwas laufend. Auch manche Menschen für sich ganz persönlich und ihren Lebensweg. Hochkarätige Sportteams ebenso. Gucken Sie mal, wo RB Leipzig herkommt, was die für eine Vision damals entwickelt hatten – und wo man heute steht.

Gut also, wenn sich auch Kommunen vorausschauend Gedanken machen, wie und wohin sie sich entwickeln wollen und wie sie umgehen mit allem, was auf sie zukommen könnte.

Allerdings gibt’s da ein großes „Aaaaaaaber“. Denn natürlich nützt es gar nichts, sich allerlei Platitüden und Gemeinplätze zurechtzulegen und dann das Wort „Strategie“ drüber zu schreiben. Das wird kein Strategiepapier, sondern heiße Luft. Selbst wenn jahrelang daran gearbeitet und ein Haufen Geld dafür ausgegeben wurde, wie in Minden passiert.

Wer einen Blick auf die „Stadtstrategie Minden 2023“ wirft (hier kostenlos zum Download im Ratsinformationssystem der Stadt Minden), reibt sich schnell die Augen. Das 38-Seiten-Papier liest sich in weiten Teilen wie aus Textbausteinen zusammengebastelt.

„Unsere Vision für Minden in zehn Jahren (ist) eine grüne, gerechte und produktive Stadt.“

Wer würde dagegen etwas sagen wollen? Andererseits: Was daran ist jetzt ganz spezifisch für Minden?

Gar nichts. Es ist schlicht und einfach abgekupfert. Aus der „Neuen Leipzig-Charta“ der Initiative Nationale Stadtentwicklungspolitik.

Ausschnitt aus "Neue Leipzig-Charta"

Quelle: „Neue Leipzig-Charta“ der Initiative Nationale Stadtentwicklungspolitik. Hier kostenlos zum Download.

Der Dreiklang aus „grün“, „gerecht“ und „produktiv“ in Verbindung mit „Stadt“ findet sich immer wieder in der „Neuen Leipzig-Charta“. Noch ein Beispiel?

Textauszug aus "Neue Leipzig-Charta"

Quelle: „Neue Leipzig-Charta“ der Initiative Nationale Stadtentwicklungspolitik. Hier kostenlos zum Download.

Und es gibt noch viele weitere Fundstellen für die Wort-Kombi „grün, gerecht, produktiv“. Googeln Sie das ruhig mal.

Neu für Minden ist daran höchstens, dass man die Charta hier jetzt auch mal auf den Bürgermeister-Schreibtisch bekommen hat.

38 Seiten Platitüden. Alles wichtige Themen. Aber nichts davon ist Minden-spezifisch

Und es geht weiter in der „Stadtstrategie Minden 2032“ mit derlei freundlichen Platitüden.

„Wir stehen für eine klimaresiliente Stadtplanung.“

Tja, ob Köln oder Düsseldorf das tatsächlich anders praktizieren werden?

„Wir fördern gute Bewusstseinsbildung für Nachhaltigkeit.“

Na, Herford? Na, Bielefeld? So was kriegt ihr nicht hin, oder?

„Wir fördern die benutzerfreundliche Vernetzung von Fuß- und Radverkehr, ÖPNV und PKW.“

Tja, Münster, plötzlich siehst du ganz schön alt aus, was? Komm, hier, einen noch – auch wenn viele Dutzend weitere im Papier stehen:

„Wir nutzen gute Früherkennungssysteme und haben eine gute Reaktionsfähigkeit in Krisen.“

Siehste, Hannover! Siehste, Osnabrück! Da guckt ihr blöd aus der Wäsche, ne?

Es geht seitenweise so weiter: Ein Gemeinplatz reiht sich an den nächsten. Ein großes Leipziger Allerlei. Denn dass man sich bei der „Neuen Leipzig-Charta“ bedient hat, gibt man im Papier unumwunden zu.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: alles relevante Themen, alles richtig. Aber wo bleibt das, was es am Ende über das allgemeine Allerweltsgeraune hinaushebt und zu einem spezifischen Mindener Thema macht?

Keine Antwort. Man bleibt im Vagen und fischt im Trüben

Bei so viel Nicht-Spezifischem fragt man sich sofort: Hat das vielleicht eine KI geschrieben, so bla-bla wie das alles ist?

Natürlich nicht. Das haben Menschen geschrieben. Von einer KI haben wir es schreiben lassen – aus Spaß und einfach so zum Vergleich (siehe unten Punkt 5.).

Was sich da vollmundig „Stadtstrategie Minden 2032“ nennt, hat so viel mit Minden zu tun wie ein Glas Wasser mit dem Anstieg des Meeresspiegels.

Die drängenden Themen im Papier: Es sind die drängenden Themen jeder beliebigen anderen Mittelstadt in Deutschland, ja, sogar in ganz Europa. Denn tatsächlich stehen alle vor ganz ähnlichen Herausforderungen.

Was ist dann also das strategisch Spezifische für Minden? Was sind die besonderen Assets, Ressourcen, Fähigkeiten, strategischen Chancen, die sich für diese Stadt ergeben im Umgang mit den Herausforderungen der Zukunft? Keine Antwort. Das Papier schweigt sich energisch darüber aus.

Was sind spezielle Risiken, Probleme, Herausforderungen, die sich gerade für Minden ergeben im Vergleich zu anderen Städten? Und wie kann man darauf reagieren? Erneut keine Antwort.

Natürlich nicht. Man bleibt lieber im Vagen, im Ungefähren und fischt munter im Trüben. Eine vollkommen beliebige und austauschbare Lose-Blatt-Sammlung. Ein großes verschwurbeltes Wünsch-dir-was.

Text-Bastelei nach dem Copy-Paste-Prinzip. Lehrer verurteilen ihre Schüler, wenn die das bei Hausaufgaben machen. Sobald diese Lehrer im Stadtrat sitzen, schwärmen sie vor lauter Ahnungslosigkeit, wenn Berater das Gleiche tun.

„Morgens geht die Sonne auf und abends geht sie unter.“ Ach, echt jetzt …?

Das ganze Papier, es drückt sich seitenweise um spezifische Aussagen für Minden drumrum. Nun liegt es zwar in der Natur von Strategiepapieren, dass sie sich im  Abstrakten bewegen. Aber, bitte, nicht im Unspezifischen – als hingen sie im luftleeren Raum.

Eine Aussage wie „Morgens geht die Sonne auf und abends geht sie unter, das ist uns wichtig“ ist eben keine Strategie, sondern lediglich Elementarwissen und gilt an quasi jedem Ort der Welt.

Man muss sagen: fast schon ein Wunder, dass es dieser Satz angesichts seiner fundamentalen Banalität Bedeutungskraft nicht in die „Stadtstrategie Minden 2032“ geschafft hat. Man hätte im Ausschuss wohl auch dazu noch applaudiert.

Ein Pferd erzählt was vom Pferd

2. Was fehlt dem Papier, damit es sich Strategiepapier nennen dürfte?

Diese sogenannte „Stadtstrategie Minden 2032“ – sie ist gerade keine Strategie, sondern bloße Sammlung allgemeiner strategischer Ziele.

Was darin fehlt, ist vor allem: Strategie.

Erstens ein übergeordnetes, großes Ziel, das alle strategischen Einzelziele (immerhin zehn „strategische Handlungsfelder“ mit insgesamt 39 „Schwerpunktzielen“) zusammenfasst unter einer gemeinsamen, originären, visionären Idee: Was soll unsere Stadt 2032 ausmachen – und zwar in deutlicher Abgrenzung zu anderen Städten?

Nicht einfach nur „grün, gerecht, produktiv und abgekupfert“, sondern originär, einzigartig und im Sinne einer maximalen Alleinstellung?

Was ist es, das die klare Differenzierung dieser einen besonderen Stadt ausdrückt gegenüber allen anderen Städten im näheren und weiteren Umfeld, womöglich sogar im nationalen oder internationalen Maßstab?

Darüber schweigt sich das Papier hartnäckig aus.

Den Verfassern kann man daraus nicht mal einen Vorwurf machen: Die Stadtoberen haben ja selbst keine Idee davon, was ihre Stadt ausmachen könnte und deutlich abheben soll von anderen. Sie sind froh, wenn sie im allgemeinen Mittelmaß mitschwimmen ohne noch tiefer zu sinken.

Große Vision für die Stadt? Alleinstellung? Differenzierung? Originäre Stärken? Endogene Eigenheiten? Völlige Fehlanzeige. (Wir werden das unter Punkt 3. noch im Detail belegen.)

Dass Minden sich faktisch im Wettbewerb mit anderen Städten befindet, von Bückeburg bis Porta im lokalen Rahmen, von Bielefeld bis Hannover im regionalen Rahmen, von Berlin bis Köln und Hamburg im etwas größeren Rahmen, im Wettbewerb um Gewerbeansiedlungen, Fachkräfte, Know-how, Besucher, Touristen – es wird vom Strategiepapier ebenso ausgeblendet wie von den Stadtoberen. Man genügt sich selbst. Andere Städte? Nie gehört.

Kennen alle den Unterschied zwischen strategischen Maßnahmen und operativen?

Ja, das große, originäre, übergeordnete Bild von Minden fehlt. Aber außerdem fehlt zweitens: ein strategischer Maßnahmenkatalog, der sich aus dem Wünsch-dir-was im Papier ableitet.

Achtung! Hier ist ausdrücklich nicht von operativen Maßnahmen die Rede! Sondern von strategischen.

Das ist die große Kunst, die in herausragenden Strategiepapieren zum Tragen kommt: dass aus den Zielen strategische Maßnahmen abgeleitet werden, die zum ganz individuellen Profil, den ganz eigenen Stärken und Schwächen passen – die womöglich auch in strategische Meilensteine runtergebrochen werden. Und erst in einem nachgeordneten Schritt, wenn man sich über die strategischen Maßnahmen verständigt hat, in Dutzende operativer Einzelmaßnahmen ausgeplant werden.

Strategische Maßnahmen? Gibt’s nicht mal ansatzweise im Papier. Und in Mindens Politik sowieso nicht. Da geht’s stets vom strategischen Ziel direkt in die operative Einzelmaßnahme. Dass das Murks und in aller Regel zum Scheitern verurteilt ist, erlebt man zwar laufend, gerade in Minden – aber wen juckt’s?

Eines der größten Probleme, das immer wieder auftritt bei Amateuren: operative Maßnahmen deutlich abzugrenzen von strategischen. Die Gründe: mangelnde Sachkenntnis, mangelnde Fachkenntnis, mangelnde Strategie-Erfahrung – entschuldbar bei Laien. Aber nicht bei Profis, die sich das auf die Fahnen schreiben. Selbst ChatGPT kriegt das besser hin (siehe Punkt 5.).

Dass man in Minden bereit ist, ein solches Gewurschtel überhaupt als „Strategiepapier“ zu akzeptieren und einen (wie Insider berichten) sechsstelligen Betrag dafür zu blechen, sagt viel über mangelnde Erfahrung und mangelnde Kompetenzen im Rathaus: in der Verwaltung ebenso wie in der Politik. Ein Thema, das uns hier immer wieder begleitet.

Doch solange die Bürger keinen Gebrauch von ihrem demokratisch verbürgten Recht machen, einen Haufen Hanswürste aus den Ämtern zu jagen, wird sich wohl wenig ändern.

Ein Pferd erzählt was vom Pferd

3. Ist die „Stadtstrategie Minden 2032“ so lokalspezifisch wie behauptet?

„Schreiben Sie statt Minden einen anderen Namen drüber, dann passt es für jede andere Stadt“, wagte eine Stadtverordnete im Ausschuss nach der Präsentation zu kritisieren.

„Das Lokale findet sich an ganz vielen Stellen in der Strategie“, entgegneten die Verfasser. Und wollten damit wohl dem Vorwurf entgegenwirken, eine austauschbare Blaupause geschaffen zu haben, die sie so oder so ähnlich für jede andere Stadt nutzen könnten.

Okay, nehmen wir die Herrschaften beim Wort und machen den Lokal-Test. Und zwar ganz konkret. Nachzählen, bitte!

An wie vielen Stellen finden wir „das Lokale“ im Papier? Welche lokalen Eigenheiten werden wie oft genannt? Zahlen lügen ja bekanntlich nicht.

Immerhin reden wir von 38 Seiten DIN A4 reinem Text – keinerlei Fotos oder Illustrationen (bis auf ein Mal das unvermeidliche Minden-Logo). Zur Kontrolle gibt’s hier die „Stadtstrategie Minden 2032“ für Sie zum Download.

Minden
Weser
Glacis
101
4
1

Gesamtzahl der Nennungen des jeweiligen Begriffs in der „Stadtstrategie Minden 2032“.
Gezählt wurden immer sowohl das genaue Wort als auch Wortkombinationen, hier also z.B.: Minden (66 Fundstellen), Mindener (23), Mindens (11), Mindenerinnen (1), in Summe: 101 Fundstellen im Papier.

Das sind doch schon mal gute Nachrichten! Der Begriff „Minden“ fällt insgesamt 101-mal im gesamten Papier. Die Verfasser wussten also offenbar, welche Stadt sie besucht haben.

Und auch die Weser haben sie augenscheinlich viermal überquert. Sogar das Glacis ist bekannt. Großartig! Jetzt nicht nachlassen, würde ich sagen.

Schauen wir uns also weitere Begriffe an, die ganz spezifisch für Mindener Eigenheiten stehen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).

Mittellandkanal
Bastau
Wasserstraßenkreuz
Schachtschleuse
Rathaus
Mindener Dom
Martinikirchhof
Hufschmiede
Rechtes Weserufer
Scharn
Bäckerstraße
Obermarktstraße
Ringstraße
Klausenwall
Rampenloch
Mindener Buttjer
Weserspucker
Freischießen
Jazz-Club
BÜZ
Schlagde
Schiffmühle
Fußgängerbrücke
Preussenmuseum
Friedrich Wilhelm Bessel
Franz Boas
Ernst Michael von Schwichow
Meister Bertram
Jo Klaffki
GWD Minden
Stichlinge
Kampa-Halle
Kanzlers Weide
Altes Gefängnis
Neue Regierung
RegioPort
StartMindenUp
RailCampus
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0

Oha, das sind aber eine Menge Nullen da oben! Also: hier in der Tabelle. Nicht, was Sie jetzt vielleicht dachten.

Na schön, man kann wirklich nicht alles und jeden kennen bzw. erwähnen, bloß weil man 38 Seiten Strategie für eine Stadt zu verfassen hat. Man muss sich auf das Wichtigste fokussieren.

„Das Lokale“, das sich an ganz vielen Stellen findet, kommt sicher noch. Die Verfasser erläuterten nämlich ausdrücklich, man habe lang und breit auch mit den Ortsbürgermeistern gesprochen – um alles noch besser, noch präziser für die Zukunft zu machen.

Schauen wir also mal, wie oft die einzelnen Ortsteile im Papier auftauchen.

Rodenbeck
Dankersen
Leteln
Haddenhausen
Königstor
Bärenkämpen
Dützen
Hahlen
Todtenhausen
Päpinghausen
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0

Tja, „das Lokale“, das sich nach Angaben der Verfasser an so vielen Stellen im Papier finden soll, es bleibt unsichtbar.

Ich weiß, ich weiß: Da oben fehlen noch ein paar Stadtteile. Aber ich sage Ihnen: Es wird nicht besser. Checken Sie es einfach selbst.

Offenbar spielen die Stadtteile, ihre Eigenheiten, ihre Charakteristika keinerlei Rolle für die Stadt Minden im Jahr 2032. Tja, Pech gehabt.

Aber wenigstens die Wirtschaft wird doch noch eine Rolle spielen in Zukunft, oder? Irgendwer muss das alles doch bezahlen.

Melitta
Edeka
Wago
Follmann
Siegfried
Hagemeyer
0
0
0
0
0
0

Es bleibt dabei: Es sind ganz viele Nullen im Spiel – von ganz oben bis nach ganz unten.

Egal wohin man blättert: „Minden“, „Weser“, „Glacis“ – es sind die drei Worte im Papier, die spezifisch etwas mit dieser Stadt zu tun haben. Mehr nicht. Wohlgemerkt: in einer „Stadtstrategie“, die sich selbstbewusst „Minden 2032“ nennt.

Nicht mal Mindens Hoffnungsträger, der RailCampus OWL, den man von Deutsche Bahn und Hochschule Bielefeld geschenkt bekommt, schafft es bis in das 38-Seiten-Pamphlet der Verfasser.

Offenbar alles nicht visionär genug, nicht „lokal“ genug, nicht wichtig genug, um als Bezugspunkt für strategische Überlegungen zu dienen.

Das ganz große Buzzword-Bullshit-Bingo

Es ist erschütternd, was alles nicht drin steht im Strategiepapier. Und umso erschütternder, mit was die knapp vierzig Seiten gefüllt werden. Noch ein Beispiel gefällig?

„Miteinander füreinander“.

Oha, das ist mal „lokal“! Das ist Minden pur!

„Wir müssen die damit verbundenen Ziele Schritt für Schritt angehen.“

Ach, komm, echt jetzt? Wer hätte das gedacht …

„Wir (sind) Motor einer gemeinsamen, kooperativen Stadtentwicklung insbesondere in zentralen Feldern wie der Stadtplanung, der Bildung und Betreuung, der Verkehrswende oder dem Umwelt- und Klimaschutz“.

Es ist das ganz große Buzzword-Bullshit-Bingo, das Mindens Stadtobere hier vorgespielt bekommen, damit sie dazu tiefsinnig und bedeutungsschwanger aus der Wäsche gucken können.

Jede Stadt hat etwas Besseres verdient als Leipziger Allerlei

Gegenfrage: Glauben Sie, dass, sagen wir mal: die Stadt Hamburg ein 40-seitiges Strategiepapier in Auftrag gibt, in dem zwar der Name „Hamburg“ hundertmal auftaucht, der Begriff „Elbe“ viermal und dann noch ein-, zweimal die „Alster“ – und das war’s dann? Der Rest lauter freundliches Allgemeingeplänkel, das irgendwo abgekupfert wurde?

Kein einziges Mal auf vierzig Seiten Strategie: Elbphilharmonie? Musical-Stadt, Tor zur Welt, Hafen? Container-Terminal, Speicherstadt, Jungfernstieg? HafenCity, Reeperbahn, St. Pauli – oder, oder, oder?

Ich kann Ihnen sagen: Man würde achtkantig vom Hof gejagt werden. In Hamburg arbeiten Profis. Anders als in Minden: Da kriegt man noch sechsstellige Schecks in die Tasche gesteckt für den letzten Blödsinn.

Wer „das Lokale“, die spezifischen Eigenheiten, Charakteristika, Stärken und, ja, auch Schwächen einer Stadt so grundlegend ignoriert beim Aufstellen einer Zukunftsstrategie, wird niemals in der Lage sein, das Potenzial einer Stadt auch nur annähernd zu aktivieren.

Stattdessen wird er die Stadt weiter ins Mittelmaß führen – und damit noch tiefer in die Gesichts- und Bedeutungslosigkeit.

Jede Stadt hat etwas Besseres verdient als dieses Leipziger Allerlei, das Minden sich zur Zukunftsstrategie 2032 erkoren hat.

Ein Pferd erzählt was vom Pferd

4. Der ehrlichste Satz zur Strategie? Steht in der Sitzungs-vorlage

Austauschbar und beliebig bis zur völligen Konturlosigkeit: Irgendjemandem im Mindener Rathaus muss das offenbar auch komisch vorgekommen sein, dass jede Individualität für die Stadt Minden im Strategiepapier fehlt.

So erklärt sich wohl der nachfolgende Satz, der sich auf Seite 3 der Sitzungsvorlage im letzten Absatz findet. (Die „Allgemeine Vorlage Nr. 51/2023“ vom 28.02.2023 können Sie hier kostenlos im Ratsinformationssystem der Stadt Minden downloaden.)

Es ist die ehrlichste Aussage des Mindener Rathauses zu seiner zusammengeschwurbelten Allerwelts-Strategie. Bin ich der Einzige, der ihn aufmerksam gelesen hat vor der Sitzung?

"Die Prioritätensetzung hebt die Individualität der Stadtstrategie Minden 2032 gegenüber Strategien anderer Städte der gleichen Größenordnung hervor."

Quelle: Sitzungsdrucksache Nr. 51/2023 der Stadt Minden, Seite 3, letzter Absatz

Ausschnitt aus Sitzungsvorlage Stadt Minden

Ausschnitt aus der Sitzungsdrucksache Nr. 51/2023 der Stadt Minden, Seite 3, letzter Absatz.

Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Die Individualität der Mindener Stadtstrategie (und damit die Unterscheidung zu Strategien anderer Städte) ergibt sich nicht etwa daraus, dass man eine individuelle Stadtstrategie für Minden entwickelt hätte, nein!

Sondern dadurch, dass man die Schwerpunktziele (die alle Städte ähnlich haben) in Minden anders priorisiert.

Wow, und schon hat man eine vollkommen individuelle, ganz neue, einzigartige Strategie? In Minden glauben sie so einen Quatsch offenbar tatsächlich.

Massenware als Maßanfertigung verkaufen – wie genial

Schnell mal zählen: Insgesamt stehen 39 Schwerpunktziele im Papier, dazu drei verschiedene Priorisierungsstufen.

Rein rechnerisch reicht das für sage und schreibe knapp einhundertzwanzig vollkommen „individuelle“ Stadtstrategien – ohne dass man groß was ändern müsste, außer etwas anders priorisieren. Wie genial ist das denn, bitte!

Ebensogut könnte man argumentieren: Unsere Fußgängerzone ist ganz individuell und einzigartig, denn bei uns kommt erst der Fielmann – dann der Tchibo – danach H&M – und erst dann der Kik. In anderen Städten ist die Reihenfolge gaaaanz anders. Das macht unsere City so vollkommen einzigartig, individuell und unverwechselbar.

Man kann sich auch gleich einen vom Pferd erzählen lassen

Massenware als Maßanfertigung – durch „Prioritätensetzung“. Für eine sechsstellige Honorarsumme. Wow!

Da können Mindens Stadtverordnete ja gar nicht anders als fröhlich zuzustimmen, wenn man so ahnungslos über den Tisch gezogen wird.

Ein Pferd erzählt was vom Pferd

5. Zum Spass: Wir lassen ChatGPT eine Stadtstrategie schreiben. Nein: drei!

Einen sechsstelligen Betrag soll die „Stadtstrategie Minden 2032“ gekostet haben, heißt es aus informierten Kreisen. Sicher ist auf jeden Fall: Es hat volle vier Jahre gebraucht, um bis zum aktuellen Ergebnisstand zu kommen. Viel Geld, viel Zeit für ein äußerst fragwürdiges Ergebnis.

Da stellt sich natürlich die Frage: Muss das so teuer sein? Und muss das so lange dauern? Was wäre, wenn man keinen einzigen Cent dafür ausgeben würde? Und nur wenige Sekunden auf das Ergebnis warten müsste? Zum Beispiel, indem man einer KI (Künstlichen Intelligenz) die Aufgabe stellt.

Nicht lang schnacken – wir haben die Probe aufs Exempel gemacht!

Wir haben ChatGPT gebeten, eine Stadtstrategie 2032 für eine deutsche Mittelstadt zu schreiben – und das Ergebnis ist mehr als verblüffend, wenn man es vergleicht mit dem, was Minden sich hat andrehen lassen.

Und weil es so viel Spaß gemacht hat, haben wir beim gleichen prompt noch zwei Mal auf regenerate response geklickt. Mit dem Ergebnis, dass wir am Ende gleich drei Stadtstrategien hatten (ohne irgendeine Priorisierung zu verschieben).

Wohlgemerkt: Innerhalb von Sekunden (statt vier Jahren wie bei der Stadt Minden) und für null Euro (statt eines sechsstelligen Betrags bei der Stadt Minden).

Ob die Ergebnisse sich sehen lassen können? Sie weichen jedenfalls nicht so grundlegend von den Ergebnissen der externen Berater ab, als dass sich damit ein sechsstelliger Honorarbetrag rechtfertigen ließe.

Es ist im Prinzip das gleiche Allgemein-Blabla-Gesülze über strategische Ziele wie bei der „Stadtstrategie Minden 2032“. Aber immerhin: mit Ansätzen strategischer Maßnahmen bzw. Empfehlungen. 

Kostenlos und sekundenschnell: Stadtstrategie 2032 erstellt von ChatGPT

Der prompt, den wir zur Text-Generierung genutzt haben, lautete:
„Schreib mir eine Stadtstrategie für das Jahr 2032 für eine deutsche Mittelstadt“.

Antwort 1 von ChatGPT:

„Gerne schlage ich eine Stadtstrategie für das Jahr 2032 für eine deutsche Mittelstadt vor.

Die Stadtstrategie für die Mittelstadt soll sich auf drei Hauptbereiche konzentrieren: Nachhaltigkeit, Innovation und Lebensqualität.

1. Nachhaltigkeit: Die Mittelstadt soll sich zum Ziel setzen, bis 2032 eine CO2-neutrale Stadt zu werden. Dazu sollten die öffentlichen Gebäude, wie Schulen, Bibliotheken und Verwaltungsgebäude, mit Solarenergie ausgestattet werden. Zudem sollte der öffentliche Nahverkehr durch Elektrobusse und Fahrradwege ausgebaut werden, um den Verkehr zu reduzieren und die Luftverschmutzung zu minimieren. Die Stadt sollte auch Anreize für Bürger schaffen, auf umweltfreundliche Fortbewegungsmittel umzusteigen, z.B. durch die Einführung von E-Bike-Leasingprogrammen.

2. Innovation: Die Mittelstadt sollte sich auf die Förderung von Innovation und Digitalisierung konzentrieren. Ein Schwerpunkt sollte dabei auf der Verbesserung der digitalen Infrastruktur liegen, um eine schnelle und stabile Internetverbindung in der ganzen Stadt zu gewährleisten. Zudem sollten Unternehmen unterstützt werden, um Innovationen zu schaffen und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Eine lokale Start-up-Szene sollte gefördert werden, um junge Unternehmer zu ermutigen, ihre Geschäftsideen in der Stadt zu verwirklichen.

3. Lebensqualität: Die Mittelstadt sollte eine hohe Lebensqualität für ihre Bürger sicherstellen. Dazu sollten Grünflächen und Parks ausgebaut werden, um den Bewohnern mehr Raum für Freizeitaktivitäten und Erholung zu bieten. Die Stadt sollte auch Anstrengungen unternehmen, um die Wohnqualität zu verbessern. Hierfür sollten bezahlbare Wohnungen für Familien und Singles gebaut werden, um den Bedarf an Wohnraum in der Stadt zu decken. Ebenfalls sollte die Stadt das soziale Leben fördern, um das Zusammenleben in der Stadt zu stärken. Hierfür können Veranstaltungen und Festivals organisiert werden, die die Bewohner zusammenbringen.

Die Umsetzung dieser Stadtstrategie erfordert die Zusammenarbeit von Stadtverwaltung, Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürgern und anderen Interessengruppen. Mit dieser Strategie wird die Mittelstadt nicht nur für ihre Bewohner attraktiver, sondern kann auch neue Investoren und Unternehmen anziehen.“

Antwort 2 von ChatGPT:

„Gerne erstelle ich eine Stadtstrategie für das Jahr 2032 für eine deutsche Mittelstadt. Ich werde dabei einige allgemeine Strategiepunkte skizzieren, die für viele Städte relevant sein können.

1. Nachhaltige Stadtentwicklung: Die Stadt sollte eine nachhaltige Stadtentwicklungsstrategie verfolgen, die die Bedürfnisse der Menschen in Einklang mit Umwelt- und Klimaschutz bringt. Dazu können Maßnahmen wie die Förderung von umweltfreundlichem Verkehr, der Ausbau von Fahrradwegen und öffentlichem Nahverkehr sowie die Energieeffizienz von Gebäuden beitragen.

2. Digitalisierung: Die Stadt sollte ihre digitale Infrastruktur ausbauen, um wirtschaftliche Entwicklung und bürgernahe Verwaltung zu fördern. Dazu können die Einführung von Smart-City-Technologien und die Förderung von Start-ups beitragen.

3. Kultur- und Freizeitangebote: Die Stadt sollte ihr kulturelles und Freizeitangebot ausbauen, um die Attraktivität für Bewohner und Besucher zu erhöhen. Dazu können Maßnahmen wie die Förderung von Kunst und Kultur, der Bau von Parks und Grünflächen sowie die Schaffung von Begegnungsräumen beitragen.

4. Wirtschaftsförderung: Die Stadt sollte eine aktive Wirtschaftsförderung betreiben, um Arbeitsplätze zu schaffen und den Wohlstand zu fördern. Dazu können Maßnahmen wie die Ansiedlung von Unternehmen, die Förderung von Existenzgründungen und die Zusammenarbeit mit der regionalen Wirtschaft beitragen.

5. Bildung: Die Stadt sollte eine gute Bildungsinfrastruktur bereitstellen, um den Menschen gute Ausbildungschancen zu bieten. Dazu können Maßnahmen wie der Ausbau von Kindertagesstätten und Schulen, die Förderung von Bildungseinrichtungen und die Stärkung der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft beitragen.

6. Soziale Gerechtigkeit: Die Stadt sollte sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen und dafür sorgen, dass alle Menschen in der Stadt Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und Wohnraum haben. Dazu können Maßnahmen wie die Förderung von bezahlbarem Wohnraum, die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und die Integration von Migranten und Flüchtlingen beitragen.

7. Verwaltung: Die Stadt sollte eine bürgernahe und effiziente Verwaltung bereitstellen, die auf die Bedürfnisse der Menschen eingeht. Dazu können Maßnahmen wie die Stärkung der Bürgerbeteiligung, die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen und die Schaffung von Serviceeinrichtungen beitragen.

Diese Strategiepunkte sollten in einem umfassenden Plan für die Stadtentwicklung im Jahr 2032 zusammengefasst werden. Dabei sollten die Maßnahmen auf die individuellen Bedürfnisse und Herausforderungen der Mittelstadt zugeschnitten sein. Es ist auch wichtig, die Bürgerinnen und Bürger in den Entwicklungsprozess einzubeziehen, um eine breite Unterstützung für die Strategie zu erreichen.

Antwort 3 von ChatGPT:

„Gerne! Hier ist eine mögliche Stadtstrategie für eine deutsche Mittelstadt im Jahr 2032:

1. Nachhaltige Stadtentwicklung: Die Stadt setzt sich das Ziel, bis zum Jahr 2035 eine klimaneutrale Stadt zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, werden in den nächsten zehn Jahren verstärkt Maßnahmen zur Energieeinsparung, zur Förderung erneuerbarer Energien und zur Reduktion von CO2-Emissionen umgesetzt. Die Stadt arbeitet eng mit lokalen Unternehmen, Bürgern und Organisationen zusammen, um die Umsetzung dieser Maßnahmen sicherzustellen.

2. Digitalisierung: Die Stadt investiert verstärkt in die Digitalisierung von Verwaltung, öffentlichem Verkehr, Bildungseinrichtungen und anderen städtischen Einrichtungen. Ziel ist es, die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern und die Effizienz der städtischen Infrastruktur zu steigern.

3. Stärkung der Wirtschaft: Die Stadt setzt auf die Förderung von neuen, innovativen Unternehmen und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Hierbei liegt ein besonderer Fokus auf Unternehmen, die sich auf Nachhaltigkeit und Umwelttechnologien spezialisiert haben.

4. Verbesserung der Mobilität: Die Stadt fördert den öffentlichen Nahverkehr, den Fahrradverkehr und den Fußgängerverkehr. Hierzu werden neue Fahrradwege und Fußgängerzonen angelegt, der öffentliche Nahverkehr wird ausgebaut und neue Mobilitätskonzepte wie Carsharing und E-Bike-Verleih werden eingeführt.

5. Förderung von Bildung und Kultur: Die Stadt setzt auf die Förderung von Bildung und Kultur als wichtige Elemente einer lebenswerten Stadt. Hierzu werden Schulen, Bibliotheken und Kultureinrichtungen weiter ausgebaut und die Zusammenarbeit zwischen Bildungseinrichtungen, Kultureinrichtungen und Unternehmen verstärkt.

6. Bürgerbeteiligung: Die Stadt setzt auf eine verstärkte Bürgerbeteiligung bei allen städtischen Entscheidungen. Hierzu werden regelmäßige Bürgerforen und Workshops veranstaltet, bei denen Bürgerinnen und Bürger ihre Meinungen und Ideen einbringen können. Ziel ist es, eine lebendige, partizipative Stadtgesellschaft zu schaffen, die sich aktiv an der Gestaltung der Stadt beteiligt.

Durch die Umsetzung dieser Strategie wird die Stadt zu einer lebenswerten, nachhaltigen und innovativen Stadt, die sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts stellt und dabei die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Bürgerinnen und Bürger im Blick behält.

Wohlgemerkt: Diese drei Antworten sind das Ergebnis von weniger als fünf Minuten Arbeit. Ich finde: bemerkenswert gut gelöst von ChatGPT.

Durch gezieltes Anpassen der prompts lassen sich die Ergebnisse noch sehr viel präziser und kleinteiliger granulieren. Dann wären auch Antworten möglich, die einzelne thematische Schwerpunkte detaillierter beschreiben oder weitere strategische Maßnahmen empfehlen. Ebenfalls eine Sache von nur wenigen Klicks – aber jedenfalls nicht von Jahren.

Und natürlich ist am Ergebnis der KI jetzt nichts explizit herausragend, einzigartig oder individuell: Künstliche Intelligenz neigt halt zur statistisch wahrscheinlichsten Lösung (vulgo Mittelmaß), nicht zu außergewöhnlicher Exzellenz.

Allerdings war außergewöhnliche Exzellenz in Minden noch nie gefordert – weder bei der Stadtstrategie 2032 noch bei anderen Themen.

Ahnungslose Landeier lassen sich viel zu gerne einen vom Pferd erzählen

Was ist Ihre Meinung: Ist das Ergebnis von ChatGPT so grundlegend schlechter als das Schwurbelzeug, das Mindens Politik sich hat andrehen lassen? Rechtfertigt dieser Unterschied vier Jahre mehr an Zeitaufwand, an personellen Ressourcen und einen sechsstelligen Beraterbetrag aus unseren Steuergeldern?

Unterm Strich bleibt die Frage zurück: Was ist der Grund, dass man sich in Minden ein Beraterpapier mit viel heißer Luft für so viel Geld andrehen lässt?

Warum fordert man im Mindener Rathaus keine besseren Ergebnisse ein? Warum legt niemand Wert auf Substanz? Sind Verwaltung und Politik so überfordert, wenn es um Kompetenz geht?

Warum lässt man sich in Minden immer und immer wieder mit gesichtslosem Mittelmaß abspeisen statt strategische und konzeptionelle Exzellenz einzufordern?

Offenbar bestätigt sich einfach nur wieder, was wir hier schon des öfteren erlebt haben: Ahnungslose Landeier lassen sich einfach viel zu gerne einen vom Pferd erzählen.

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Foto-Comic in Galerie mit Besucherin

Toller Service, den manche Bauämter in Deutschland bieten! Da steigt der Leiter des Fachbereichs Bauen auch schon mal selbst in die Bütt, um das profitgetriebene Immobilienprojekt eines privaten Investors in der entscheidenden Ausschuss-Sitzung bei den Stadtverordneten durchzupauken.

In drei Jahrzehnten des Wirkens in Hamburg – auch bei städtischen Projekten – habe ich nicht ein einziges Mal erlebt, dass der höchste Fachbereichsleiter persönlich die Präsentation übernommen hätte geschweige denn eines meiner Teams aus der Pflicht entlassen hätte, unsere Projekte den politischen Entscheidungsträgern selbst vorzustellen.

Aber das liegt vielleicht daran, dass Hamburg natürlich nur ein Kuhdorf ist im Vergleich zu den wahrhaft großen Städten in Deutschland, in denen diese Praxis offenbar zum politischen Alltag gehört – so sehr, dass sich weder Stadtverordnete noch Bürger darüber wundern, von regierungsnaher Presse ganz zu schweigen.

Was muss man als Bauherr eigentlich tun, um in den Genuss dieses hochkarätigen Service eines Bauamtsleiters zu kommen? Ob unsere drei Freunde bei den Schattenparkern womöglich mehr darüber wissen?


Wie stets die eindringliche Warnung: Bei Menschen mit geringem Humorquotienten und schwacher Ambiguitätstoleranz kann das Betrachten zu psychischen und emotionalen Irritationen führen. Für alle anderen gilt: Viel Vergnügen!

Foto-Comic über tollen Service des Bauamts-Leiters
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© Alle Rechte bei: Edgar Wilkening, Minden an der Weser
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Die 3 Schattenparker vom Rat
Episode #080: Widerstand

DAS HERZ DER STADT LACHT HERZHAFT

Die 3 Schattenparker vom Rat
Episode #080: Widerstand

Foto-Comic Schattenparker in Galerieausstellung

Nicht alles, was Politiker auf den Weg bringen, findet bei den Bürgern ungeteilte Zustimmung. Da gibt es schnell mal Widerstand in der öffentlichen Meinung.

Aber gerade bei unpopulären Entscheidungen ist es umso wichtiger Rückgrat zu zeigen – auch wenn das Wählerstimmen kosten könnte. Das Problem ist natürlich auch den drei Schattenparkern vom Rat vertraut.


Wie stets die eindringliche Warnung: Bei Menschen mit geringem Humorquotienten und schwacher Ambiguitätstoleranz kann das Betrachten zu psychischen und emotionalen Irritationen führen. Für alle anderen gilt: Viel Vergnügen!

Foto-Comic über Politiker-Tugenden
Mit freundlicher Genehmigung von comedy-story.de
© Alle Rechte bei: Edgar Wilkening, Minden an der Weser
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Die 3 Schattenparker vom Rat
Episode #76: Der Rückzug

Foto-Comic "Die 3 Schattenparker vom Rat" in der Galerie

Ein junger Mann steigt mit großen Hoffnungen und Ambitionen in die Kommunalpolitik ein. Mit dem Ziel, Zukunft zu gestalten in seiner Stadt, für seine Stadt. Prompt wird er in den Stadtrat gewählt. Eigentlich ein Glücksfall, wie ihn sich demokratische Gesellschaften nur wünschen können: junge Menschen, die sich nicht abschrecken lassen von Klüngel & Konsorten, sondern mitwirken wollen in Kommunalpolitik.

Doch was passiert? Noch vor Ablauf der ersten Wahlperiode schmeißt der junge Mann hin, legt sein Mandat als Ratsmitglied desillusioniert nieder.

Weil er sehr schnell erkennen musste, dass mit seinen verkalkten Ratskollegen, ganz gleich welcher Partei, nichts, aber auch gar nichts Sinnvolles zu bewegen ist. Lieber krault sich Klüngel & Konsorten die dicken Eier (und, ja: auch die Eierstöcke), als dass man klug und umsichtig Zukunftsprojekte anpackt.

Eine tatsächliche Begebenheit, diese Geschichte. Und sie wirft ein sehr bezeichnendes Licht auf das System der repräsentativen Demokratie in seiner aktuellen Form.

Was Parteien, gleich welcher Façon, mit ihren inzestuösen Strukturen und ihrem moralisch korrumpiertem Personal anrichten, spottet jeder demokratischen Beschreibung. Auf ihre degenerierte Art schaden Parteien der Demokratie heute mehr sie je gutmachen könnten. Höchste Zeit, das zu ändern.


Wie stets in dieser Kategorie die eindringliche Warnung: Bei Menschen mit geringem Humorquotienten und schwacher Ambiguitätstoleranz kann das Betrachten zu psychischen und emotionalen Irritationen führen. Für alle anderen gilt: Viel Vergnügen!

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Die  Berater waren in der Stadt – und niemand rief: Der Kaiser ist ja nackt!

Die Berater waren in der Stadt – und niemand rief: Der Kaiser ist ja nackt!

Die Berater waren in der Stadt – und niemand rief: Der Kaiser ist ja nackt!

Allergie-Hinweis

Dieser Artikel wurde auf einer Anlage hergestellt, auf der auch Satire und Entertainment verarbeitet werden.

Der Text kann Anteile von Ironie, Spott und Häme enthalten.

Dumpfbratzen und anderen vulnerablen Gruppen wird geraten, den Beitrag unter ärztlicher Aufsicht zu konsumieren.

Autor Edgar Wilkening

Gründer und Initiator von Das Herz der Stadt. Seit Jahrzehnten tätig als Marken- und Strategieberater für Blue Chips, Small Caps, KMUs und Organisationen.


Sie erreichen den Autor per Mail an:
ew@dasherzderstadt.de

„Vor vielen Jahren lebte ein Kaiser, der so ungeheuer viel auf neue Kleider hielt, dass er all sein Geld dafür ausgab, um recht geputzt zu sein.“

Aus: Des Kaisers neue Kleider, Hans Christian Andersen (1805 – 1875)

Im Rathaus brauchte man gute Nachrichten. Erstens, damit man als Provinzstadt nicht ganz so provinziell aussah, und zweitens, als Stadtobere nicht ganz so grottendoof dastand. Denn: Was hatte man nicht alles vermurkst in letzter Zeit …

Die Idee für eine großspurig überdimensionierte Multihalle: ad acta gelegt, nachdem man zuvor jahrelang Hunderttausende in freundliche Gutachten und freundschaftlichem Geklüngel versenkt und sich selbst für die Genialität des Plans bejubelt hatte.

Wertvolle Grundstücke eines ehemaligen Rotlichtquartiers hatte man geradezu verschenkt: einem renditegierigen Investor für einen Bruchteil dessen gegeben, was man selbst mal dafür gezahlt hatte.

Eigene Bauprojekte der Stadt liefen finanziell und zeitlich aus dem Ruder dank heillos überforderter Steuerleute. Einem der Haupttäter hatte man als freundschaftlichen Dank eine fünfstellige beamtliche Besoldungserhöhung pro Jahr zugeschanzt.

Es wurde eben verschludert, was nur zu verschludern ging. Selbst der regierungstreuen Monopolpresse fiel es zusehends schwerer, den konzertierten Murks jede Woche wieder hochzujubeln.

„Eines Tages kamen auch zwei Fremde, die gaben sich für Weber aus und sagten, dass sie das schönste Tuch zu weben verstünden, das man sich denken könne.“

Aus: Des Kaisers neue Kleider, Hans Christian Andersen (1805 – 1875)

Im Rathaus brauchte man also dringend gute Nachrichten. Deshalb winkte man mit Schecks. Fünfstellige, sechsstellige Summen. Alles, was lichtscheues Gesindel anzieht, das die öffentliche Hand als wohlfeilen Selbstbedienungsladen sieht.

Kaum machte die Kunde ihre Runde, da waren auch schon Berater aus allen Himmelsrichtungen auf dem Weg, um den Stadtoberen zu liefern, was sie wünschten.

„‚Dieses Tuch muss sogleich für mich gewebt werden‘, dachte der Kaiser. Und er gab den beiden Betrügern viel Gold und Geld, damit sie ihre Arbeit beginnen möchten.“

Aus: Des Kaisers neue Kleider, Hans Christian Andersen (1805 – 1875)

Die einen kamen tief aus dem Westen und webten eine „Neuaufstellung des Einzelhandelskonzeptes“. In dem Gutachten kriegten sich die Berater kaum wieder ein, wie grandios es liefe in der Stadt und wie klug die Stadtoberen doch stets entschieden hätten.

Über den Klee gelobt wurde das „Hauptzentrum Innenstadt“,  von dessen Gesamteindruck die Berater vollmundig schwärmten, es sei von „hoher Attraktivität“, beim Einzelhandelsangebot genauso wie bei den Gebäuden und dem öffentlichen Raum, der guten Verkehrsanbindung und der praktisch nicht spürbaren Leerstandssituation. Wenn das keine guten Nachrichten waren!

Die Stadtoberen hörten es nur zu gerne – ohne auch nur den geringsten Anflug von Schamesröte zu zeigen.

„‚Dieses Muster, diese Farben! Ja, ich werde dem Kaiser sagen, dass es mir sehr gefällt‘, antwortete der Minister.

‚Nun, das freut uns‘, sagten die Weber, und darauf nannten sie die Farben mit Namen und erklärten das Muster.

Der Minister aber passte gut auf, damit er dasselbe sagen könnte, wenn er zum Kaiser zurückkäme.“

Aus: Des Kaisers neue Kleider, Hans Christian Andersen (1805 – 1875)

Das bekamen Berater aus dem Osten mit und sie machten sich ebenfalls auf den Weg. Ihr Geheiß: Ein Bürger-Treffen im Hotel am Marktplatze, bei dem es nur so sprühen sollte vor Erfolg und Optimismus für die Innenstadt.

Und siehe da, was hatten sie für überwältigende Neuigkeiten und bahnbrechende Insights dabei, die sie kunstvoll verwoben hatten: dass die Innenstadt aufgeräumt und sauber sein müsse, damit sie für Besucher attraktiv sei; dass sie Grünflächen und Sitzgelegenheiten bieten müsse; dazu Bäckereien und Cafés; dass es öffentliche Toiletten geben müsse.

Die Stadtoberen waren sehr bewegt von den Worten. Derart tiefschürfende Erkenntnisse und Analysen hatten sie nie zuvor gehört.

Und so einleuchtend alles! Keiner, der mit komplizierten Themen wie Benchmarking, Relevanz und Brand Credibility nervte oder über krudes Zeug wie Strategieentwicklung, Glaubwürdigkeit und Inhalte palaverte.

Sondern schlichte Worte von Sauberkeit und Sitzgelegenheit, die jedem Stadtoberen verständlich waren.

„‚Sitzt es nicht gut?‘, fragte der Kaiser und dann wendete er sich nochmals zum Spiegel, denn es sollte so scheinen, als ob er seine Kleider recht ausführlich betrachtete.“

Aus: Des Kaisers neue Kleider, Hans Christian Andersen (1805 – 1875)

Sie nickten sich gegenseitig zu und klopften sich auf die Schultern: Sie waren die Klügsten des Städtchens und auf dem klügsten denkbaren Weg zu einer attraktiven, begehrenswerten Innenstadt.

Das konnte man auch den Bürgern erzählen, wenn mal wieder Wahlen vor der Tür stehen sollten. Die Berater waren jeden Cent wert.

Sie waren so glücklich, die Stadtoberen, dass sie sich nicht nur mit üppigen Schecks, sondern auch mit der Aussicht auf viele weitere, großzügige Beauftragungen bedankten.

„So ging der Kaiser durch die Straßen. ‚Gott, wie sind des Kaisers neue Kleider unvergleichlich! Welch wunderbare Schleppe! Wie schön das sitzt!‘, sprachen die Menschen.

‚Aber er hat ja nichts an‘, sagte endlich ein kleines Kind.“

Aus: Des Kaisers neue Kleider, Hans Christian Andersen (1805 – 1875)

Und wenn sie nicht gestorben sind, oder wenigstens in einem ordentlichen demokratischen Verfahren aus den Ämtern verjagt wurden, dann lügen sie sich auch noch morgen was in die Taschen.

Und die Berater aus Ost und West, aus Nord und Süd, die keinen einzigen Faden auf dem Webstuhl haben, geben sich weiter die Klinke in die Hand im Rathaus.

„Und die Kammerherren gingen noch straffer und trugen die Schleppe noch höher, die gar nicht da war.“

Aus: Des Kaisers neue Kleider, Hans Christian Andersen (1805 – 1875)

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