Die geheimen Folien, die nie zu sehen sein sollten: Geisterstadt Minden

Die geheimen Folien, die nie zu sehen sein sollten:
Geisterstadt Minden

Die geheimen Folien, die nie zu sehen sein sollten:
Geisterstadt Minden

Autor Edgar Wilkening

Autor: Edgar Wilkening

Wenn die Mindener Innenstadt es schon als Örtlichkeit kaum schafft, Menschen anzuziehen – als Thema einer Abend-Veranstaltung schafft sie es noch weniger.

Montag, 6. November 2023, 19:00 Uhr. Das Innenstadtmanagement der Stadt Minden hatte eingeladen zum zweiten „STADTnetzwerk-Treffen“. An die zweihundert Menschen hätten Platz gehabt im Ständersaal des Preußenmuseums.

Verrückt genug, sich anzumelden und auch zu kommen, waren keine fünfzig. Veranstaltungen der Mindener Stadtverwaltung sind nicht eben als Orte überquellender Lebensfreude und fröhlicher Unterhaltung bekannt.

Unter denen, die den Weg fanden: allein zwei Handvoll, die im Dienst der Verwaltung anwesend waren.

Dazu Offizielle von Stadtmarketing, IHK und Handelsverband. Aus der Politik ein paar SPD-Granden, ein FDP-Mann, einmal CDU. Von Linke, Grüne etc.: keine Spur. Ist man dort der Auffassung, die SPD wird das mit der Innenstadt schon richten und die Arbeitermassen wieder in die Shoppingtempel lotsen?

Den Reigen an Reden eröffnete Bürgermeister Michael Jäcke (SPD). Er betonte fröhlich, wie toll es in der Mindener Innenstadt liefe. Er käme beruflich auch in andere Städte, und was er dort teilweise sähe, dagegen sei Minden immer noch ganz weit vorne, betonte er.

Da war er wieder: dieser typisch Mindener Blick, der mir immer wieder in dieser Stadt auffällt.

Nicht etwa neugierig nach oben gerichtet – hin zu den Städten, wo lebendige, blühende Innenstädte vormachen, was Minden sein könnte, wenn man es anpacken würde. Sondern selbstzufrieden nach unten – dort hin, wo alles schlimmer ist als in Minden, so dass das eigene Elend den Bürgern nur noch halb so elend erscheinen möge.

Selbstzufrieden ging es weiter mit Vorträgen von CIMA, der Beraterfirma aus Hannover, und Innenstadtmanagement, die alle nur wunderschöne Erfolge zu berichten wussten. Friede, Freude, Pustekuchen.

Der Baubeigeordnete der Stadt Minden, Lars Bursian, flüchtete sich thematisch gleich direkt an die Weser und stellte ein Konzept für die künftige Schlagde vor. Zur Zukunft der Innenstadt hat sein Fachbereich offenbar nichts Wesentliches mehr beizutragen.

Einzig beim letzten Vortrag des Abends klangen auch mal vorsichtig kritische Töne an.

Architektin Astrid Engel als neue Vorsitzende der Immobilien- und Standort-Gemeinschaft ISG Obermarkt stellte den Verein und seine Aktivitäten vor. Sie war es, die betonte, dass „hier Stadtentwicklung für Minden direkt vor Ort betrieben wird, nicht aus der sicheren Distanz von Hannover aus.“

Bei Häppchen und Erfrischungsgetränken ging der Abend so sinnentleert zu Ende, wie er begonnen hatte. Wer nicht gekommen war, weil er sich stattdessen lieber mit David Sims Buch „Sanfte Stadt – Planungsideen für den urbanen Alltag“ auf dem Sofa zurückgezogen hatte, wurde vollauf bestätigt.

Dabei hätte es durchaus noch einen interessanten Vortrag geben können.

Ich hatte meine Präsentation „Geisterstadt Minden“ im Rückengepäck fix und fertig dabei. Allerdings war Das Herz der Stadt gar nicht eingeladen, einen Vortrag zu halten.

Ohnehin hätte es meine Präsentation wohl kaum durch den vorherigen Gesinnungs-Check der Stadt geschafft: zu viele Tatsachen, zu viel Realität, zu viel klarer Fokus auf die Verantwortlichen. Das hätte die Jubelchöre der Ehrenriege nur gestört.

Macht nichts. Das Publikum im Ständersaal war zahlenmäßig eh so klein. Hier und jetzt, an dieser Stelle, erreiche ich ein weitaus größeres Publikum – und das ganz ohne Gesinnungskontrolle oder Gefahr zu laufen, dass mir irgendjemand mittendrin den Stecker rauszieht. Zeige ich meine Folien eben hier.

Auf geht’s! Der ungehaltene Vortrag – durchaus im doppelten Wortsinne. Willkommen in der „Geisterstadt Minden“!

Lars Bursian über Ausstellungsflächen

„Sehr verehrte Damen und Herren, ich habe hier ein paar Fotos aus Minden mitgebracht. Allesamt zufällig entstandene Schnappschüsse. Ich war gerade auf dem Heimweg, als ich dachte: Das muss ich festhalten.“

Lars Bursian über Ausstellungsflächen

„Wann haben Sie das letzte Mal etwas so Trostloses, etwas so Gespenstisches gesehen?“

Lars Bursian über Ausstellungsflächen

„Geisterstadt Minden – die zentralen Innenstadtbereiche, sie wirken wie ausgestorben.“

Lars Bursian über Ausstellungsflächen

„Alle drei Fotos sind entstanden: am gleichen Tag und zur gleichen Uhrzeit. Woran liegt es, dass Obermarktstraße, Scharn, Markt mit Domhof menschenleer sind? Was denken Sie ist der Grund?“

Lars Bursian über Ausstellungsflächen

„Sind die Fotos vielleicht weit nach Mitternacht entstanden, wo alle anständigen Bürger längst daheim und im Bett sind? Oder sind die Witterungsbedingungen vielleicht so unwirtlich, dass sich keine Menschenseele vor die Haustür traut? Läuft womöglich gerade ein großes Meisterschafts-Endspiel oder irgendein anderer Straßenfeger im Fernsehen? Was denken Sie?“

Lars Bursian über Ausstellungsflächen

„Alle drei Fotos sind entstanden am Mittwoch, 11. Oktober 2023 um 20:15 Uhr. Das Wetter war mild und lau: 18 Grad Celsius, kein Wind, kein Regen. Und es gab kein großes Fernsehereignis, das parallel stattfand. Ein in jeder Hinsicht ganz normaler, ganz gewöhnlicher Herbsttag. Aber warum ist die Innenstadt an einem normalen Tag so menschenleer?“

Lars Bursian über Ausstellungsflächen

„Der Architekt und Stadtplaner David Sim hat eine Antwort. Er sagt: ‚Menschen möchten dort sein, wo andere Menschen sind.‘ Niemand geht zum Beispiel gerne in ein menschenleeres Restaurant. Niemand geht gern in eine menschenleere Stadt.“

Lars Bursian über Ausstellungsflächen

„Wer Orte schafft, die nur aus Gebäuden bestehen, schafft keine attraktiven Orte. Wer alles tut, um Menschen keine Attraktionen, keine Highlights, keine Erlebnisse zu bieten zum Bummeln, Schlendern, Schauen, Shoppen, Plaudern, Sitzen, Reden, Staunen, Treffen und, und, und – der schafft menschenleere Orte.“

Lars Bursian über Ausstellungsflächen

„Denn genau das sind diese Orte: Sie sind allesamt geschaffen worden. Ausdrücklich in der Macher-Form! Diese menschenleeren Orte wurden von Politikern und ihren Planern so geschaffen. Sie sind es, die die Verantwortung tragen für Aufenthaltswüsten und Angsträume. Weil sie eben keine andere, keine attraktivere Stadt gemacht haben, sondern genau diese.“

Lars Bursian über Ausstellungsflächen

„Hier entsteht wirtschaftlicher Schaden in Millionenhöhe. Für die Gewerbetreibenden, denen Umsätze wegbrechen oder gleich ganz entgehen, weil immer weniger Menschen in die Innenstadt kommen. Das wiederum verursacht Schäden bei den Liegenschaftseigentümern, deren Gebäude und Flächen von Jahr zu Jahr weniger wert sind, weil sich dort immer weniger Umsatz erwirtschaften lässt. Und natürlich auch für die Stadtgesellschaft, der Gewerbeeinnahmen entgehen. die an allen Ecken fehlen, z.B. um die Stadt wieder lebenswert zu machen. Dazu die langfristige Rufschädigung: ‚Minden? Brauchste nicht hinfahren – nix los.‘ Diese Schäden sind in Summe gigantisch. Und auch sie sind geschaffen worden – von Stadt-Ruinierern in Politik und Verwaltung.“

Lars Bursian über Ausstellungsflächen

„Jeder Gewerbetreibende, der seinen Laden schließen muss, erlebt das als ganz persönliches Scheitern. ‚Der Amazon ist schuld, dass die Leute nicht mehr kommen.‘ Nein! Das Gros der Gewerbetreibenden macht tolle Arbeit und stemmt sich mutig gegen die Onlinedienste. Aber sie sind machtlos, wenn Politik und Verwaltung dafür sorgen, dass immer weniger Kunden den Weg in die Innenstadt nehmen wegen Attraktionslosigkeit und Angsträumen.“

Lars Bursian über Ausstellungsflächen

„Die Bürger tun gut daran zu sagen: Es muss Schluss sein mit all den Schäden, die unserer Stadt da zugefügt werden von den Verursachern! Die Gewerbetreibenden sollten erkennen, dass nicht sie die Hauptverantwortung tragen, wenn ihr Laden in die Knie geht, sondern diejenigen, die die Stadt zu dem gemacht haben, was sie heute ist.“

Lars Bursian über Ausstellungsflächen

„Diejenigen, die seit Jahren unsere Stadt ruinieren durch falsche Weichenstellungen, durch Blockade neuer Angebote und zeitgemäßer Lösungen, durch falsche Entscheidungen; diejenigen, die seit Jahren wirtschaftliche Schäden in Millionenhöhe verursachen durch ihr Treiben: Sie gehören raus aus ihren Ämtern und Positionen! Ihr Tun hat Bürger und Wirtschaft schon jetzt Millionen gekostet. Die Stadtruinierer haben jeden Kredit verspielt. Es muss endlich Platz für klügere Leute sein. Vielen Dank für Ihr Mitwirken dabei.“

„Geisterstadt Minden“ ist einer der kontroversen Impulsvorträge von Strategieentwickler Edgar Wilkening.

Wenn Sie nach dieser Kurzversion Interesse am vollständigen Impulsvortrag mit allen Bildern, Charts und Grafiken haben oder an anderen kontroversen Vorträgen: einfach Anfrage per Mail an ew@dasherzderstadt.de.

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Autor Edgar Wilkening

Autor: Edgar Wilkening

Immer mehr Menschen in Deutschland misstrauen dem Staat und seinen Institutionen. Gerade eben erst, vor zwei, drei Wochen, sorgten die Ergebnisse einer repräsentativen Forsa-Umfrage für Aufsehen: Das Vertrauen in den Staat und seine Organe hat einen neuen Tiefstpunkt erreicht.

Die Aufregung um diese Zahlen hat sich kaum gelegt, da müht sich die Verwaltung der Stadt Minden unter Leitung ihres Bürgermeisters Michael Jäcke (SPD) nach Kräften, weiteres Misstrauen in staatliche Institutionen zu säen.

Eines der grundlegendsten Prinzipien des Rechtsstaats ist das Gleichheitsprinzip. Wer dagegen verstößt, zum Beispiel indem er gleiche Vorgänge mit zweierlei Maß bewertet, verstößt gegen elementare rechtsstaatliche Prinzipien.

„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“, sagt Artikel 3 des Grundgesetz in Absatz 1. Für staatliche Institutionen ergibt sich daraus: „Die Verwaltung hat ihr Ermessen in gleich liegenden Fällen in gleicher Weise auszuüben.“ (Quelle: juraforum.de.)

Seit dem 3. August 2023 betreibt die Minden Marketing GmbH eine Ausstellung auf einer leerstehenden Ladenfläche am Scharn 8, mitten in der Mindener Fußgängerzone.

Eigentlich eine lobenswerte Initiative. Die Fläche stand leer, der frühere Mieter, der dort Mode verkaufte, hatte sein Geschäft aufgegeben. Statt unattraktiven Leerstands eine sinnvolle Zwischennutzung mit Kunst und Kultur – tolle Sache! Kann man nur begrüßen.

Andererseits: leerstehende Ladenfläche? Zwischennutzung für Kunst und Kultur? Klingelt da nicht irgendwas …?

Stimmt. Am Donnerstag, 2. September 2021 hatte „Das Herz der Stadt“ eine leerstehende Ladenfläche in der Obermarktstraße 19 als Ausstellungsfläche für Kunst und Kultur geöffnet, ebenfalls zur Zwischennutzung, ebenfalls in Mindens Fußgängerzone.

Das stieß zwar auf reges Interesse bei Bürgern und insbesondere Besuchern der Stadt. Und war der Verwaltung als temporäre Nutzungsänderung mitgeteilt worden. Trotzdem: Am 8. März 2022 ordnete die Stadt Minden die Schließung der Fläche per Bauordnungsverfügung mit Androhung von Zwangsgeld an.

Offizielle Begründung: Der Wechsel von einer Geschäftsfläche hin zu einer Ausstellungsfläche für Kunst und Kultur sei eine so schwerwiegende Nutzungsänderung, dass es zwingend einer Baugenehmigung bedürfe.

Lars Bursian über Ausstellungsflächen

Quelle: Ausschnitt aus einer E-Mail vom 10. März 2022, 10:38 Uhr des Baubeigeordneten der Stadt Minden, Lars Bursian an die Wählergemeinschaft Wir für Minden zum Verbot der temporären Zwischennutzung in der Obermarktstraße 19. (Gelbe Hervorhebung durch den Autor.)

Schon damals hatte ich den Eindruck, dass es sich hier eher um eine behördliche Willkürmaßnahme handelte, um missliebigen Bürgern mal gründlich eins auszuwischen, als um berechtigte Sorge um die angeblich gefährdete öffentliche Sicherheit.

Dieser Eindruck bekommt jetzt neue Nahrung durch die Art und Weise, wie Mindens Stadtverwaltung mit dem gleich liegenden Fall der Minden Marketing GmbH umgeht – der vor allem den einen wesentlichen Unterschied zu unserem Fall hat: Die Macher bei der Minden Marketing GmbH gehören zum Beritt des politischen Machtapparats der Mindener Verwaltung. Zum Klüngel von Bürgermeister, Beigeordneten, Politik & Co.

Man kennt sich, man trifft sich, man duzt sich. Man pflegt Kontakte, kungelt miteinander und schachert sich gegenseitig Pöstchen, Infos, Aufträge, Vorteile, Gehaltserhöhungen zu. Und man trifft sich auch privat, z.B. im Schützentheater-Bataillon, im Zweitliga-Sportclub, und, und, und …

Im Mitglieder-Verzeichnis des örtlichen Tigerenten-Clubs (redaktioneller Hinweis 8. Dezember 2024: Der hier früher enthaltene Link zum besagten Mitglieder-Verzeichnis wurde redaktionell deaktiviert, nachdem der Betreiber der verlinkten Webseite die Seite nach der Veröffentlichung dieses Berichts offline gestellt hat. Ein Screenshot der offline gestellten Seite ist hier archiviert und kann bei Bedarf in der Redaktion eingesehen werden.) halten der Baubeigeordnete der Stadt Minden und der Geschäftsführer der Minden-Marketing GmbH sogar gemeinsam ihren Kopf hin – zusammen mit dem Rest der örtlichen Klüngelbande.

Ist es wirklich denkbar, dass Verwaltungsangestellte, die per Gesetz zur Neutralität verpflichtet sind, im einen Fall so, im anderen Fall aber anders entscheiden und Klüngelfreunde bevorzugen – und damit massiv gegen Grundrechte verstoßen und dienstrechtliche Konsequenzen riskieren?

Eine E-Mail, die dem Herz der Stadt vorliegt, legt das nahe. In der auf Echtheit überprüften E-Mail eines Insiders vom 29. August 2023, also fast vier Wochen nach Eröffnung der Ausstellungsfläche der Minden Marketing GmbH, heißt es:

„(…) für das Gebäude ‚Scharn 8‘  ist aktuell kein laufendes Baugenehmigungsverfahren anhängig und es wurde in letzter Zeit auch kein Genehmigungsverfahren abgeschlossen.“

Daraus ergibt sich, dass die Nutzung der Geschäftsfläche als Ausstellungsfläche offenbar ohne Nutzungsgenehmigung erfolgt – und das, wo doch allgemein bekannt sein sollte (O-Ton Baubeigeordneter Lars Bursian, siehe oben): „Für die jetzige Nutzung – viele Menschen halten sich in einem Raum auf – gelten andere Regeln als für reine Geschäftsflächen.“

In der Obermarktstraße 19 war das Anlass für eine Bauordnungsverfügung mit Androhung von Zwangsgeld seitens des Bauamts. Ob das im Sinne gleich liegender Fälle und gleicher Behandlung auch der Minden Marketing GmbH droht?

Ich habe diese und weitere Fragen Bürgermeister Michael Jäcke gestellt. Ebenso der Presseabteilung der Stadt Minden und auch der Leiterin der zuständigen Fachbehörde. Das Ergebnis? Schweigen im Walde. Von Transparenz keine Spur. Von Offenheit oder Ehrlichkeit erst recht nicht.

Hier die Fragen im Originallaut, die am 29. August 2023 übermittelt wurden und seit einer Woche unbeantwortet sind:

1.
Nach Angaben der Minden Marketing GmbH wird die frühere Ladenfläche Scharn 8 aktuell für eine „Video-Installation“ eines „Künstlers“ genutzt. Siehe Webseite: https://www.minden-erleben.de/tourismus/index.php/de/?view=article&id=3153&catid=414
Ist diese Nutzung eine artverwandte Nutzung zur früheren Nutzung der Flächen als Ladenfläche? Wenn nein: Seit wann ist der Stadt Minden das bekannt?
 
2.
Ist durch die Nutzung der Flächen für „Kunst und Video-Installation“ eine wesentliche Nutzungsänderung gegeben, für die grundsätzlich eine Baugenehmigung erforderlich ist? Wenn nein: Warum nicht?
 
3.
Hat Minden Marketing GmbH eine Baugenehmigung für die Nutzung der Flächen für „Kunst und Video-Installation“ beantragt? Wenn ja: Wann ist der Antrag bei der Stadt Minden eingegangen?
 
4.
Hat Minden Marketing GmbH Unterlagen vorgelegt, aus denen sich Art und Umfang der Nutzung ergeben, insbesondere hinsichtlich der Zahl der Nutzer und die Gewährleistung brandschutztechnischer Anforderungen, insbesondere in Bezug auf das Rettungswegsystem?
 
5.
Muss Minden Marketing GmbH mit der kurzfristigen Zustellung einer Bauordnungsverfügung mit Androhung von Zwangsgeld wegen nicht genehmigter Nutzung rechnen? Wenn nein: Warum nicht?

Bastelt man in der Stadtverwaltung immer noch an windigen Ausreden? Entwickelt man immer noch einen Plan, wie man den Kopf aus der Schlinge zieht – statt sich um die wahren Probleme der Stadt zu kümmern? Oder lässt man die Fragen gleich ganz unter den Tisch fallen, selbst wenn dienstrechtliche Auswirkungen drohen? Gegen missliebige Bürger wird mit allen Mitteln vorgegangen, aber bei Leuten aus dem eigenen Beritt lässt man Fünfe gerade sein?

Die Worte des Baubeigeordneten Lars Bursian, der in seiner Amtszeit ja schon des öfteren durch krude Äusserungen aufgefallen ist („schwer vorstellbar“, „einfach das Logischste“, „völlig offen“, …), aus seiner E-Mail vom 10. März 2022 klingen da umso mehr wie Hohn und Spott: „Wir können keine Ausnahme machen“. Es sei denn, es betrifft Leute aus dem eigenen Amigo-Dunstkreis?

Ausschnitt aus E-Mail des Baubeigeordneten Lars Bursian

Quelle: Ausschnitt aus einer E-Mail vom 10. März 2022, 10:38 Uhr des Baubeigeordneten der Stadt Minden, Lars Bursian an die Wählergemeinschaft Wir für Minden zum Verbot der temporären Zwischennutzung in der Obermarktstraße 19. (Gelbe Hervorhebung durch den Autor.)

Womöglich muss man das ganze Thema ohnehin in einem größeren Rahmen betrachten. „Korruption ist der Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Vorteil“, sagt Transparency International Deutschland e.V.

Privater Vorteil – das kann vieles sein. Korruption beginnt nicht erst, wenn Geld fliesst oder dicke Briefumschläge unterm Tisch den Besitzer wechseln. Korruption beginnt mit kleinen Gefälligkeiten. Mit Weggucken. Mit Fünfe gerade sein lassen. Mit zweierlei Maß messen. Mit Gewähren lassen. Mit Nichtahnden. Weil alle Beteiligten sich einen Vorteil davon versprechen – und sei es nur der, sich ins Fäustchen lachen zu können über die dummen Bürger.

Der Demokratie erweist man einen Bärendienst damit – obwohl man bei Dienstantritt auf sie verpflichtet wurde. Die nächsten Umfragen zum Thema Vertrauen in staatliche Institutionen werden wohl neue Tiefstpunkte markieren.

Wer staatlich anvertraute Macht so missbräuchlich mit zweierlei Maß anwendet, darf sich nicht wundern, wenn jeden Tag mehr Menschen das Vertrauen verlieren.

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Autor Edgar Wilkening

Autor: Edgar Wilkening

Wie Phoenix aus der Asche: Vom 18. August bis zum 21. September 2023 gibt’s den Opermarkt in der Mindener Obermarktstraße unter dem Motto „Wagner mal ’nen Blick“ – nämlich in die Schaufenster der teilnehmenden Geschäfte. Veranstalter: die ISG Obermarkt-Quartier.

Die WER???

Gute Frage. Und das gleich in doppelter Hinsicht. Denn erstens: Wer soll das sein? Und zweitens: Die gibt’s noch???

Mit vollem Namen heißt die ISG „Immobilien- und Standortgemeinschaft Obermarkt-Quartier e.V.“ Ihr Ziel: Das Quartier Obermarkt und die angrenzenden Bereiche in Mindens Altstadt aufzuwerten und zu entwickeln.

Gegründet wurde der Verein Mitte der Nuller-Jahre, ursprünglich mal als „ISG Ratsquartier Minden“. Als man sie da nicht mehr gebrauchen konnte, den Verein aber schon mal an der Backe hatte, wurde er 2007 umgewidmet zur heutigen „ISG Obermarkt-Quartier“.

Die ISG blickte in den Abgrund: der Tag der Liquidation?

Offenbar der Beginn einer wechselhaften Geschichte – die 2021 beinahe mit der Auflösung des Vereins geendet hätte. Nicht etwa, weil man sein Ziel erreicht und das Obermarkt-Quartier zu einem fulminant attraktiven Ort entwickelt hätte. Sondern weil man müde war.

Ich erinnere mich an einen Montagabend im November 2021. Im Restaurant Plaka hatten sich die letzten verbliebenen Vereinsmitglieder versammelt und wollten nur noch den Beschluss zur Liquidation des Vereins eintüten.

Doch dazu kam es nicht. Denn just an diesem Abend waren durch glückliche Umstände viele neue Gesichter in der Runde dabei. So viele, dass die Vereinsmitglieder Hoffnung schöpften: Würde eine neue Generation vielleicht doch die Geschicke des Vereins weiterführen? Jedenfalls wurde die Auflösung an diesem Abend vertagt.

Architektin Astrid Engel (Lebensgefährtin des Autors) fasste damals einen kühnen Entschluss: Die ISG zu retten und die bestehende Struktur zu nutzen, um Dinge für das Quartier anzuschieben. Mit neuem Mut, neuer Kraft, neuem Netzwerk und vor allem: mit neuen Ideen.

Sie warb in vielen Gesprächen für die ISG; sie versuchte alte Recken, die längst das ISG-Handtuch geworfen hatten, neu zu motivieren; sie entwickelte Pläne für einen Aufbruch des Vereins in die Neuzeit. Und war damit ziemlich allein.

Dunkle Intrige: Die Stillstand-Fraktion arbeitet mit allen Mitteln

Als in einer Sitzung im Sommer 2022 der alte Vorstand des Vereins endlich Platz machen wollte für neue, jüngere Leute, hatten ein stadtbekannter Butzemann und sein persönliches Umfeld längst eine dunkle Intrige gesponnen: üble Nachrede gegen Astrid Engel (und auch den Autor) gehört da noch zum Harmloseren.

Als selbst das nicht fruchtete, um Astrid Engel von ihrem Engagement abzubringen, holte man die Nazi-Keule raus. O-Ton in einer WhatsApp-Gruppe, die den Namen „Die ISG von morgen“ trug:

„Ich verabschiede mich aus dieser Gruppe aufgrund von Edgar (Wilkening) und Astrid (Engel / Anmerkungen des Autors) und ihrer Nähe zur AFD.“

Klingt abenteuerlich absurd? Hier kommt der Beweis – als einer von vielen, die festgehalten wurden.

Screenshot mit übler Nachrede in WhatsApp-Gruppe

Screenshot einer Nachricht in der WhatsApp-Gruppe „Die ISG von morgen“ vom 29. Juni 2022

Ein totes Pferd als Sprachrohr? Auf eine so bekloppte Idee muss man erstmal kommen. Es waren wohl nicht die hellsten Kerzen auf der ISG-Torte, die da die Gruppe verlassen haben.

Dennoch hatte die Intrige offenbar gewirkt. In ihrer Sitzung am 4. Juli 2022 im Restaurant Dell‘ Amore wählten die Vereinsmitglieder nicht etwa die seit Wochen leidenschaftlich arbeitende Astrid Engel, die sich initiativ beworben hatte, zur Vorsitzenden, sondern eine Dame aus dem Umfeld des Butzemanns. Na schön, so geht Demokratie.

Danach passierte, was in Minden immer passiert: nichts.

Neue Ideen? Neue Pläne? Neue Ansätze? Die neue ISG-Vorsitzende war heillos überfordert

Die frisch gekürte Vorsitzende war offenbar heillos überfordert. Neue Ideen? Null. Neue Pläne? Nein. Neue Ansätze? Nix. Nicht mal die Eintragung des neuen Vorstands im Vereinsregister hat die Butzemann-Dame hingekriegt. Totalausfall.

Ein Jahr Stillstand später: neue Sitzung, neue Wahlen. Und wieder warf Astrid Engel ihren Hut in den Ring. Warum tut sie sich das an?, fragten viele. Antwort: Die Obermarktstraße sei ihr zu wichtig, die eingeführte Vereinsstruktur zu wertvoll, um einfach alles aufzugeben wegen ein paar Leuten. Das nennt man wohl Durchhaltevermögen. Echtes Standing.

Und dieses Mal kamen immerhin genügend Stimmen zusammen: Seit Frühsommer 2023 ist Astrid Engel die neue Vorsitzende der ISG Obermarkt-Quartier, begleitet von einem Team unternehmungsfreudiger, handlungsfähiger Menschen im Vorstand.

Dass diese Entwicklung nicht allen schmeckte, zeigte sich schon wenige Tage später, als die ersten Vereinsaustritte eintrudelten. Gewerbetreibende, die ihre eigene Standort-Vertretung genau dann verlassen, wenn etwas Neues beginnt? Man kann nur mit dem Kopf schütteln. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen lieber bei Amazon & Co. bestellen.

Austreten, wenn etwas Neues beginnt? Kein Wunder, wenn Amazon & Co. die Gewinner sind

Astrid Engel focht das nicht an. Kaum gewählt, machte die neue Vorsitzende sich mit ihrem Team an ihr erstes ISG-Projekt.

„Ich wollte einfach keine Zeit verlieren, denn dieses ewige Nichtstun schadet der Straße, dem Quartier und letztlich der ganzen Stadt“, sagt die Macherin. So viel Tatkraft würde man sich öfter wünschen von Menschen, die sich in Minden Stadtentwicklung auf die Fahnen schreiben.

Den Aufhänger für das Projekt lieferte der Richard-Wagner-Verband Minden, der aktuell im Mindener Stadttheater die Wagner-Oper „Parsifal“ inszeniert.

Die Idee: Wie wäre es, wenn die Obermarktstraße rund um die Premiere am 8. September 2023 zur Opermarktstraße würde? Der Opermarkt war geboren.

Digital Banner aus Wagner-Oper

Eines der animierten Gifs, die auf den Opermarkt aufmerksam machen

Wenn Requisiten aus Theater-Inszenierungen reden könnten, sie hätten wohl so einiges zu erzählen: Wer mit wem? Was geschah danach? Wie ging es weiter? Und überhaupt …

Der Opermarkt lässt Requisiten und Objekte aus zwanzig Jahren Wagner in Minden ihre verborgenen Geheimnisse erzählen. Zu sehen unter dem Motto „Wagner mal ’nen Blick“ in die Schaufenster der teilnehmenden Geschäfte der Obermarktstraße – ’tschuldigung: der Opermarktstraße natürlich!

Für Besucher früherer Wagner-Inszenierungen wird es da emotionale Wiedersehen geben. Denn Lohengrins Schwan ist ebenso dabei wie die Boote aus dem Bühnenbild von Tristan und Isolde und natürlich das legendäre Rheingold. Und alle Objekte werden Aufregendes oder Amüsantes berichten, das sie erlebt haben oder was ihnen seit damals widerfahren ist.

Die Eröffnung des Opermarkt, das Grand Operning sozusagen, findet am Freitag, 18. August 2023 um 18:30 Uhr statt. Ort: Obermarkstraße, Treppe Ecke Opferstraße. Oder um im Sound des Events zu bleiben: Opermarktstraße, Treppe Ecke Operstraße.

Neben Mindens Bürgermeister Michael Jäcke und der Vorsitzenden des Richard-Wagner-Verbands Dr. Jutta Winckler werden zahlreiche weitere Gäste aus Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft erwartet.

Feierliches Ope(r)ning und Premiere für die Video-Retrospektive

Die musikalische Begleitung übernehmen Moritz Glöckner und Frieder Hoffmann mit ihren Trompeten. Durch das Programm führt Martin Bornemeier. Die ISG Obermarkt-Quartier lädt alle Bürger und Interessierten herzlich zur Eröffnung ein.

Im Schaufenster Obermarktstraße 17 wird zudem ein Video gezeigt, das eine bewegende Retrospektive auf zwanzig Jahre Wagner-Schaffen in Minden präsentiert – inklusive dem „Einzug der Gäste“ im Tannhäuser aus der Inszenierung 2005, bei der die ganz in Weiß gekleideten Mindener Bürger dabei waren.

Die Opermarkt-Ausstellung ist zu sehen bis zum 21. September 2023. Und soll nach Aussage der ISG-Vorsitzenden Astrid Engel nur der Anfang sein für eine ganze Reihe sehenswerter Aktionen im Obermarkt-Quartier. Da sagt Das Herz der Stadt: Chapeau und toi, toi, toi!

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Martinitreppe Minden: Diese wichtige Grafik hatten wir ganz vergessen!

Martinitreppe Minden:
Diese wichtige Grafik hatten wir ganz vergessen!

Martinitreppe Minden:
Diese wichtige Grafik hatten wir ganz vergessen!

Autor Edgar Wilkening

Autor: Edgar Wilkening.
Entwickelt wegweisende Konzepte für Marken, Unternehmen und Institutionen. Wurde dutzendfach dafür ausgezeichnet.

Auf den Tag genau vor zwei Jahren: Am 21. Juli 2021 hatten wir hier freundlicherweise zwei Vorschläge publiziert, wie sich der Höhenunterschied zwischen Mindens Ober- und Unterstadt überbrücken liesse.

Damit Menschen mit Einschränkungen, Einkaufstüten, Kinderwagen oder anderen Mühsalen es künftig leichter haben mögen, von oben nach unten und von unten nach oben zu wechseln – statt die Martinitreppe rauf- und runterzukraxeln.

ALLES, WORAUF KLUGE KOMMUNEN HEUTZUTAGE EBEN ACHTEN

Wichtige Kriterien dabei für uns: Zuverlässigkeit, Kostenrahmen, Erhaltung des Stadtbilds, Ressourcenschonung, Flexibilität, Regionalität etc.

Alles, worauf umwelt- und fortschrittsbewusste, kluge Kommunen heutzutage eben so achten. Als Lösungen entwickelten wir damals:

  • erstens einen sehr persönlichen Concierge-Service
  • und zweitens einen sehr smarten Minibus-Shuttle

Den Originalbericht vom Sommer 2021 mit Details zu beiden Vorschläge finden Sie hier.

Concierge-Service an der Martinitreppe

Vorschlag 1 von Das Herz der Stadt
Der Concierge-Service

Wenn ein Mensch Hilfe braucht zwischen Oberstadt und Unterstadt: Was liegt näher, als ihm einen leibhaftigen Mensch an die Seite zu stellen?

Vorschlag: Wir richten einen persönlichen Concierge-Service ein. Ein, zwei Damen oder Herren in markanten Uniformen, die unten am Markt und oben am Martini-Kirchhof bereitstehen und jedem, der Schwierigkeiten mit der Treppe hat, helfen.

Einen persönlichen Schnack zum Wetter oder den neuesten Tratsch aus der Stadt gibt’s immer noch obendrauf. Freundliche Assistenten, die anpacken, wo es nötig ist. Service par excellence.

Minibus-Shuttle an der Martinitreppe

Vorschlag 2 von Das Herz der Stadt
Der Minibus-Shuttle

Wir schaffen einen Bus-Shuttle zwischen Markt und Martini-Kirchhof. Mini-Busse fahren heute in vielen europäischen Städten. Es gibt sie in diversen Größen und Ausstattungen. Bewährte, ausgereifte Technologie auf Elektrobasis.

Der Fahrer bzw. die Fahrerin ist bei Bedarf behilflich beim Zustieg. Und dann geht’s los – immer im Kreis herum: vom Markt über die Opferstraße hoch zum Martini-Kirchhof, von da weiter über Kampstraße, Hufschmiede runter und zurück über den Scharn zum Markt.

Der Bus hält an vielen Stationen und bietet zahlreiche Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten. Er kann sogar mehrere Routen bedienen: ab Hufschmiede über die Bäckerstraße bis zum Wesertor und von dort über den Domhof zurück zum Markt.

Dass unsere beiden Vorschläge in Mindens Politik und Verwaltung auf wenig Wohlwollen stoßen würden, war zu erwarten.

Die Betonköppe-Fraktion hatte sich längst auf einen monströsen Fahrstuhl an der Martinitreppe festgelegt: teuer, energieintensiv, störanfällig, vandalismusgefährdet – und ganz nebenbei ein ausnehmend hässlicher Dorn im Auge des Mindener Stadtbilds.

Also alles, was in klugen Kommunen heutzutage längst als unzeitgemäß gilt. Aber Betonköppe denken eben in Beton.

Und genau davon konnten, besser gesagt: wollten unsere zwei Vorschläge aus guten Gründen nichts bieten. Stichwort „Ressourcenverbrauch“, Stichwort „Flexibilität“.

"UNQUALIFIZIERTE VORSCHLÄGE" FÜR DIE MARTINITREPPE

Dann, ein Dreivierteljahr später, im Frühjahr 2022: Das schillernde Juwel der Stadtentwicklung in Mindens Verwaltungskrone, der Baubeigeordnete Lars Bursian, sprach in einer internen E-Mail an den Ältestenrat plötzlich von „unqualifizierten Vorschlägen“, die für die Martinitreppe vorlägen.

Was genau er damit meinte, ging aus der E-Mail nicht hervor. Deshalb machten wir uns an die Arbeit und führten seinerzeit einen umfangreichen Check durch.

In acht verschiedenen Kategorien liessen wir den Fahrstuhl antreten gegen Concierge-Service und Minibus-Shuttle.

Das Ergebnis war verblüffend.

Denn es gab tatsächlich einen Vorschlag, der in allen, wirklich allen acht Kategorien durchrasselte: der Fahrstuhl der Betonköppe.

Den vollständigen Check und die zugehörigen Grafiken finden Sie hier. 

Wenn ein Vorschlag so umfassend, so grundlegend durchfällt, dann hindert das Mindens Politik und Verwaltung natürlich noch lange nicht daran, genau diesen Vorschlag konsequent weiterzuverfolgen.

Ein Muster, das man seit Jahrzehnten beobachten kann. Und das die Stadt in genau den Zustand bedauernswerter Bedeutungslosigkeit geführt hat, in dem sie sich heute befindet.

Wie weit ist man also mit dem Fahrstuhl, Stand heute? Steht er schon? Läuft er längst? Wurde er schon das erste Mal ramponiert? Das zweite Mal repariert? Hilft er Menschen mit Mühsalen, die Martinitreppe zu überwinden?

Schließlich reicht der Plan dieses Fahrstuhls nicht erst ein, zwei Jahre zurück. Sondern wurde schon 2009 im „Masterplan Innenstadt“ erwähnt.

HAT MAN DEN MENSCHEN IHRE MÜHSALE ERLEICHTERT? NATÜRLICH NICHT

Haben Politik und Verwaltung in diesen sage und schreibe vierzehn Jahren eine Lösung geschaffen? Wenigstens irgendeine? Eine provisorische? Eine Übergangslösung? Hat man endlich, wie tausendfach behauptet, den betroffenen Menschen ihre Mühsale erleichtert?

Hat man natürlich nicht.

Und damit sind wir bei der Infografik, die wir vollkommen vergessen hatten.

Die Grafik zu der Frage: Wie schnell können die drei Vorschläge Fahrstuhl, Concierge-Service und Minibus-Shuttle eigentlich in die Tat umgesetzt werden? Schauen wir’s uns mal an.

Wie lange dauert die  Herstellungszeit im Vergleich?
Check Martinitreppe Grafik

Der Fahrstuhl ist ein finanzielles, planerisches und bautechnisches Großprojekt: eine Art „Stuttgart 21“ im Vergleich zu Concierge-Service und Minibus-Shuttle. Bis heute, auch nach vierzehn Jahren und mittlerweile unter dem zweiten Baudezernenten, hat man nicht mehr in der Hand als ein paar Pläne und wohlfeile Worte.

Wann der Fahrstuhl das erste Mal läuft, wann wenigstens der erste Aushub an der Martinitreppe kommt, ob in drei Jahren, fünf oder acht, ob überhaupt jemals angesichts steigender Kosten und klammer Kassen: Niemand legt da für irgendetwas seine Hand ins Feuer.

Dagegen ist die Installation eines Concierge-Service geradezu ein Klacks: Innerhalb von drei, vier Monaten hat ein guter Projektleiter das Ding am Start, inklusive Personalsuche, Ausstattung und Training. Und auch ein Minibus-Shuttle lässt sich mit gutem Projektmanagement innerhalb von neun bis zwölf Monaten auf die Beine stellen. Unter allen drei Vorschlägen der abenteuerlichste, weil mit Abstand unrealistischste: die Fahrstuhl-Lösung.

Politik und Verwaltung halten wie einbetoniert am ungeeignetsten, unrealistischsten und unwirtschaftlichsten Vorhaben fest – statt Alternativen auch nur in Erwägung zu ziehen.

Damit offenbaren sie vor allem eins: Entgegen aller Wortbekundungen geht es ihnen gar nicht um die Menschen und deren Mühsale. Sie tun zwar so als ob – aber in Wahrheit ist es ihnen vollkommen wumpe, was mit den Menschen ist.

Sonst hätten sie längst eine Lösung gefunden!

Sonst hätten sie längst eine echte Lösung angepackt. Hätten über Alternativen nachgedacht. Vielleicht eine Übergangslösung gefunden. Ganz pragmatisch. Eine provisorische Lösung vielleicht. Etwas, das Menschen mit Mühsalen jedenfalls heute hilft, nicht erst am Sankt Nimmerleinstag.

DIE WAHRHEIT: ES GEHT IHNEN GAR NICHT UM EINE LÖSUNG – SONST GÄBE ES LÄNGST EINE!

Seit unserem Vorschlag vor genau zwei Jahren hätte man den Concierge-Service zehn Mal zum Laufen bringen können. Und sei es als Übergangslösung, bis der gebenedeite Fahrstuhl sein Rauf-Runter-Spielchen beginnt.

Und auch der Minibus-Shuttle könnte längst jeden Tag in Mindens Innenstadt unterwegs sein und Menschen unterstützen.

Aber: Sie wollen es nicht!

Und eine schnelle, günstige, leicht rückbaubare Lösung ohne viel Tamtam – das fürchten Betonköppe sogar mehr als die Pest.

Denn die könnte ganz praxisnah belegen, dass es den behaupteten Bedarf für einen Fahrstuhl womöglich gar nicht gibt. Oder dass ein Concierge-Service oder Minibus-Shuttle vollkommen ausreicht, um das Problem für die Menschen zu lösen.

WENN ES OHNE BETON GINGE? ES WÄRE EINE KATASTROPHE FÜR DIE BETONKÖPPE

Beides wäre eine Katastrophe für Betonköppe. Denn es würde bedeuten, dass die vielen Millionen Steuergeld, die sie so gerne in Beton & Co. pumpen wollen, rausgeschmissenes Geld für ein selbstsüchtiges Statussymbol wären.

Sogar der Vorsitzende des Beirats für Menschen mit Behinderungen spielt bei dieser Farce mit. Er, der immer wieder behauptet für Menschen mit Behinderungen einzutreten, er fordert nicht eine schnelle Lösung, und sei es eine provisorische, die schnelle Abhilfe schaffen würde für seine Klientel.

Auch er spielt das Spiel der Betonköppe und schwört auf den gesegneten Fahrstuhl, der so sicher ist wie die Multifunktionshalle am Güterbahnhof – Gott hab‘ sie selig!

Es sind Schwätzer und Wichtigtuer. Leute voller Großmannssucht (auch Frauen), die sich aufplustern und wichtig tun. An tatsächlichen Lösungen aber so wenig interessiert sind wie an den Menschen, für die sie behaupten sich einzusetzen.

Die Verantwortlichen sitzen allesamt im Rathaus. Sie haben Namen, sie haben Pöstchen, sie genehmigen sich höhere Gehälter – und kriegen ansonsten nichts außer Blabla auf die Reihe.

Sonst hätten sie längst etwas zustande gebracht.

Sie sind der gleichen Meinung wie der Autor? Sie sind ganz anderer Meinung? Oder haben Sie weiterführende Infos zum Thema? Schreiben Sie es unten in die Kommentar-Spalte. Oder senden Sie dem Autor eine E-Mail an
ew@dasherzderstadt.de

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Symbolfoto. Reichstag, Plenarsitzungssaal im Jahr 1889. Foto von Julius Braatz (1844 – 1914). This image was provided to Wikimedia Commons by the German Federal Archive (Deutsches Bundesarchiv) as part of a cooperation project. The German Federal Archive guarantees an authentic representation only using the originals (negative and/or positive), resp. the digitalization of the originals as provided by the Digital Image Archive., Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5338482

Autor Edgar Wilkening

Als Marken- und Strategieberater tätig, Schwerpunkt Storytelling und Innovations-Management.

Seine neue Comedy-Story „Der Spirit von St. Pauli“ erscheint am 12. September 2023 bei Rowohlt.


Sie erreichen den Autor per Mail an:
ew@dasherzderstadt.de

Jede Pommesbude feiert ihr zehnjähriges Bestehen, erst recht das zwanzigste oder dreißigste. Und der Bürgermeister gratuliert dazu.

Und wenn sich in Minden der Tag der Befreiung vom preußischen Festungsstatus jährt?

Interessiert’s keinen.

Nicht mal, wenn’s ein rundes Jubiläum ist, nämlich sage und schreibe der einhundertundfünfzigste Jahrestag. Die Botschaft ist deutlich: In Minden ist Pommesbude jedenfalls wichtiger als Freiheit.

DIE BOTSCHAFT IST DEUTLICH: POMMESBUDE IST WICHTIGER ALS BEFREIUNG

Dabei ist genau heute, am 30. Mai, vor einhundertfünfzig Jahren, also 1873, etwas geschehen, das für Minden zu den bedeutsamsten Ereignissen seiner mehr als tausendjährigen Geschichte gehören dürfte.

Es hat das Erscheinungsbild der Stadt, wie wir sie heute kennen, maßgeblich geprägt. In seiner Bedeutung höchstens vergleichbar mit den Zerstörungen durch die alliierten Luftangriffe während des Zweiten Weltkriegs.

Prägende Stadtelemente wie das Glacis, das sich wie ein grüner Gürtel um den alten Stadtkern schmiegt und auf das kein Bürger heute mehr verzichten wollen würde, gehen auf diesen Tag vor einhundertfünfzig Jahren zurück.

Der 30. Mai 1873, er war ein Freitag. An diesem Tag kam in der Reichshauptstadt Berlin der Deutsche Reichstag zusammen (oben ein Foto aus dem Jahr 1889) und beschloss das „Gesetz, betreffend die Geldmittel zur Umgestaltung und Ausrüstung von deutschen Festungen“.

Klingt trocken, hat’s aber in sich – insbesondere für Minden. Denn die Weserstadt wird in Artikel VI. ausdrücklich angesprochen: „Für die eingehenden Festungen (…) Minden (…) hören die Rayonbeschränkungen am 1. Oktober 1873 auf.“

Deutsches Reichs-Gesetzblatt No. 14 vom 30. Mai 1873, Seite 123

Scan aus dem Deutschen Reichsgesetzblatt 1873, Seite 123.
This image is in the public domain according to German copyright law because it is part of a statute, ordinance, official decree or judgment (official work) issued by a German authority or court (§ 5 Abs.1 UrhG).

Deutsches Reichs-Gesetzblatt No. 14 vom 30. Mai 1873, Seite 124

Scan aus dem Deutschen Reichsgesetzblatt 1873, Seite 124.
This image is in the public domain according to German copyright law because it is part of a statute, ordinance, official decree or judgment (official work) issued by a German authority or court (§ 5 Abs.1 UrhG).

Deutsches Reichs-Gesetzblatt No. 14 vom 30. Mai 1873, Seite 125 Minden

Scan aus dem Deutschen Reichsgesetzblatt 1873, Seite 125.
This image is in the public domain according to German copyright law because it is part of a statute, ordinance, official decree or judgment (official work) issued by a German authority or court (§ 5 Abs.1 UrhG).
Gelb markierte Hervorhebungen durch den Autor.

Dieser Artikel VI. ist ein Befreiungsschlag für die Stadt Minden. Denn die Formulierung „hören die Rayonbeschränkungen (…) auf“ bedeutet nichts anderes, als dass das Militär das Sagen über die Stadt verliert.

Seit Generationen war Minden preußische Festungsstadt. Eingeschnürt von Festungsmauern, die der Stadt regelrecht die Luft zum Atmen raubten und sie daran hinderten zu wachsen.

Und vor den Festungsmauern? Weites, freies Gelände, in dem ebenfalls das Militär das Sagen hatte. Und bestimmen konnte: Was durfte dort gebaut werden – und was nicht?

So viel war klar: in Quasi-Sichtweite der Stadt jedenfalls keine Häuser, keine Fabriken, keine festen Gebäude oder anderes, das einem heranrückenden Feind hätte Schutz gewähren können. Freies Schussfeld vor den Stadtmauern war die Devise.

Über Generationen war Minden in ein militärisches Korsett gezwängt und konnte nicht über sich hinauswachsen. Ein Spirit, der in vielen Köpfen der Stadt bis heute noch spürbar ist.

BLOSS NICHT ÜBER SICH HINAUSWACHSEN: EIN SPIRIT, DER BIS HEUTE IN DER STADT LEBENDIG IST

In wohl kaum einer anderen deutschen Stadt waren zu dieser Zeit die Wohnverhältnisse so beengt wie in Minden, nirgendwo sonst lebten statistisch so viele Menschen auf so wenig Wohnraum zusammen.

Die Stadt ächzte unter dem Militärdiktat und verpasste sogar den Anschluss an die Industrialisierung. Innerhalb der Stadtmauern war schlicht und einfach kein Platz für diese neumodischen Fabriken, die seit Beginn des 19. Jahrhunderts überall aus dem Boden schossen. Und außerhalb der Stadtmauern? Wäre es nur weit entfernt von der Stadt möglich gewesen.

Andere Städte, die nicht unter dem preußischen Festungsdiktat standen, boten Unternehmern da deutlich bessere Voraussetzungen. Dortmund und Bielefeld zum Beispiel. Deren Einwohnerzahlen lagen noch im Jahr 1816 unter der von Minden. Dann prosperierten beide – und hatten das Weserstädtchen schnell überholt und für immer abgehängt.

DER 30. MAI 1873: ER KÖNNTE ALS BEFREIUNGSTAG IN DIE GESCHICHTE MINDENS EINGEHEN

Wenn man ein solches Datum in der Stadtgeschichte identifiziert hat: Was könnte man alles daraus machen! Erst recht, wenn es sich nicht zum 7. oder 11. Mal jährt – sondern zum großen einhundertundfünfzigsten Mal!

Erfahrenen Storytellern und Marketern springt regelrecht ins Auge, wie man dieses Datum für das Profil einer Stadt, für das Storytelling nutzen kann. Nicht, indem man stumpf Historisches nacherzählt. Sondern indem man den Storykern aufgreift und etwas für die heutige Zeit daraus entwickelt.

Meine frühere Heimatstadt Hamburg, an deren Storytelling ich an vielen Stellen mitwirken konnte, zeigt gerade mit einem ganz aktuellen Beispiel, wie’s geht: mit der Come Together Experience. Nicht Beatles-Geschichte dröge nacherzählen und im Gestern verweilen – sondern den Kern ins Heute übertragen und in zeitgemäßem Rahmen erlebbar machen.

Ein Befreiungs-Festival in Minden, immer zum 30. Mai? Oder eine echte Freiheits-Konferenz, die den Namen wirklich verdient? Ein Entfestigungs-Fest im Glacis? Ein Entfesselungs-Festival? Warum nicht gleich: eine Freedom of Mind(en) Experience …?

Erfahrenen Kreativen fallen angesichts der Berliner Ereignisse vom 30. Mai 1873 auf Anhieb Dutzende von Ideen ein, aus denen man tragfähige Jubiläumskonzepte entwickeln könnte – mit potenziell bundesweiter Wahrnehmung.

IMMER AM 30. MAI: EINE FREEDOM OF MIND(EN) EXPERIENCE, DIE EIN FEST DER FREIHEIT FEIERT?

Der 150. Jahrestag, der die Geburtsstunde eines wachsenden Mindens markiert; der Befreiungsschlag, der das Ende der Stadtmauern und damit die Anlage des vielgeliebten Grüngürtels „Glacis“ möglich machte; der Tag, ab dem das Bürgertum entlang des Glacis herrschaftliche Villen zu planen begann, deren erhabene Schönheit uns auch heute noch begeistert; das Datum, an dem Minden das einzwängende Korsett abwarf – und endlich die Chance hatte sich wortwörtlich selbst zu entfalten.

So viele Ebenen! So viele Schichten für Geschichten! So viele Ansätze für professionelles Storytelling!

Und was macht Minden daraus?

Das Gleiche wie immer: nichts. Einfach gar nichts.

Dieser Artikel hier erscheint am 30. Mai 2023, exakt um 15:00 Uhr MESZ. Bis zu diesem Zeitpunkt: Haben Sie irgendein Statement des Bürgermeisters zum Befreiungstag am 30. Mai 1873 gehört oder gelesen? Gab es einen Festakt im Rathaus?

UND WAS MACHT MINDEN DARAUS? DAS GLEICHE WIE IMMER: NICHTS

Hat sich irgendein Repräsentant aus Politik oder Verwaltung dazu zu Wort gemeldet? Hat die Stadt auf ihrer eigenen Webseite eine Meldung darüber veröffentlicht? Etwa das Preußenmuseum? Vielleicht irgendwer aus den ganzen Schlaumeier-Parteien und -Fraktionen?

Oder wenigstens Minden Marketing, die offizielle Werbebutze der Stadt? Vielleicht die ewig neunmalkluge Journaille, die immer behauptet gut informiert zu sein? Oder wenigstens die selbstzufriedenen Geschichtslehrer in ihren drögen Geschichtsvereinen …?

Fehlanzeige.

Nirgends ein Hinweis. Nirgends ein Wort zum Jubiläumstag. Nirgends eine Würdigung. Geschweige denn, dass man Größeres aus dem Hundertfünfzigsten gemacht hätte.

Warum eigentlich nicht?

Wissen unsere Stadtoberen womöglich nichts von diesem Jubiläum? Steht es gar nicht in ihren Kalendern? Das würde bedeuten, dass sie – vom Bürgermeister über Politik und Marketing bis zur Lokalpresse – keinen blassen Schimmer haben von den besonderen Eigenheiten unserer Stadt.

Oder ist ihnen allen das Thema „Freiheit“ derart suspekt, dass sie es in der Öffentlichkeit lieber gar nicht ansprechen möchten?

NIRGENDS EIN HINWEIS. NIRGENDS EINE WÜRDIGUNG. ALS WÜRDE ES DIESES JUBILÄUM GAR NICHT GEBEN!

Nichts. Nichts. Nichts. Es ist die große Konstante dieser Stadt und derer, die sie lenken. Verpasste Chancen, nicht genutzte Gelegenheiten.

Statt aufzugreifen, was die Stadtgeschichte ihnen vor die Füße spült, und daraus etwas Großes, etwas Bewegendes zu erschaffen, erzählen sie den Menschen lieber einen vom Plus – was noch nie zu irgendeinem brillanten Storytelling geführt hat.

Wir haben das Gleiche auch schon bei der Neu-Entwicklung des historischen Rampenloch-Areals erlebt. Und bei vielen anderen Gelegenheiten. In dieser Stadt regiert nicht die Klugheit, sondern ein Stumpfsinn, der mehr und mehr Gesichts- und Geschichtslosigkeit befördert.

So stürzt man die Stadt immer tiefer hinab ins unterste Mittelmaß – statt sie zu stärken und ihr das Profil zu verleihen, das sie haben könnte. Jede Pommesbude wird besser geführt als dieses Städtchen.

Der heutige 30. Mai 2023, dieser Dienstag, an dem niemand außer uns des einhundertfünfzigsten Jubiläums der Befreiung Mindens am 30. Mai 1873 gedenkt, er belegt vor allem: Um in Minden zu regieren oder wenigstens ein großes Wort zu führen, ist himmelschreiende Ahnungslosigkeit kein Hindernis, sondern eine der wichtigsten Kernkompetenzen.

PS: Wir bei Das Herz der Stadt haben den heutigen Jubiläumstag seit knapp fünf Jahren im Kalender stehen – eines Projektes wegen, an dem wir im Hintergrund arbeiten. Und wir haben zahlreiche weitere Jubiläumsdaten im Kalender: viel Stoff für noch mehr Spott.

Diese Stadt verdient endlich ein Rathaus, das umsichtig und klug agiert, um das wahre Potenzial der Stadt zu heben.

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Eines der 10 besten Innovationsprojekte in NRW: aus Minden an der Weser

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Autor Edgar Wilkening
Gründer und Initiator von Das Herz der Stadt. Als Marken- und Strategieberater tätig für Blue Chips, Small Caps, KMUs und Verbände.


Sie erreichen den Autor per Mail an:
ew@dasherzderstadt.de

creative.projects NRW Shortlisted

Eine neue App, die das Carsharing revolutioniert – was wie eine Idee aus New York oder dem Silicon Valley klingt, mindestens aber aus München, Hamburg oder Berlin, ist entstanden in der tiefsten Provinz: im kleinen Städtchen Minden an der Weser.

Dort feilen Architektin Astrid Engel und ich (ihr Lebensgefährte und Autor dieser Zeilen) schon seit einiger Zeit an einem Konzept, das das Thema Carsharing vom Kopf auf die Füße stellt – und damit die gemeinschaftliche Nutzung von Autos endlich auch im ländlichen Raum ermöglichen soll.

„Autonachbarn“, so der Name der deutschsprachigen Version, basiert auf dem Grundgedanken, Eigentümergemeinschaften für einzelne Fahrzeuge zu bilden.

Gruppen von zwei, drei, vier oder mehr Menschen, die nah beieinander wohnen und nur gelegentlich ein Auto benötigen, schaffen gemeinsam ein Fahrzeug ihrer Wahl an.

Um das Bewirtschaften (Was kostet der Fahrtkilometer? Wer zahlt was? Wie werden Treibstoff, Steuern, Reparatur etc. aufgeteilt?) und das Benutzen des Fahrzeugs (Aufschließen, Abschließen, Abrechnen …) alltagstauglich und einfach zu machen, gibt es die Autonachbarn-Software.

DIGITALE TECHNIK MACHT GEMEINSAMES NUTZEN VON FAHRZEUGEN ERSTMALS ALLTAGSTAUGLICH

Über die App kann das Auto auf- und abgeschlossen werden – ganz einfach mit einem Fingerwisch. Tank- bzw. Batteriefüllstand können ebenso abgerufen werden wie eventuelle Reservierungen von anderen. Alles, was man braucht, um die eigenen Fahrten zu planen.

Und wenn man das Auto mal ganz spontan braucht, genau in diesem Moment? Ein Blick in die App und man sieht, ob das Fahrzeug bereitsteht und ob irgendwann eventuell eine Fahrt vorgemerkt ist. Wenn alles passt, steht der Spontaneität nichts im Wege. Also einsteigen und los!

Dass das Konzept so praxisnah angelegt ist, hängt auch mit meiner ganz persönlichen CarSharing-Erfahrung zusammen. Seit Ende der Nuller-Jahre kamen in Hamburg Carsharing-Angebote auf. Von Freefloatern über quartiersgebundene Konzepte bis hin zu stationsbasiert: Ich habe sie alle ausprobiert, ich habe sie alle kennengelernt, ich habe sie alle genutzt.

Viele der Carsharer von damals existieren heute schon gar nicht mehr. Und ich weiß sehr genau, warum. Dementsprechend ist mir vertraut, worauf es beim Carsharing ankommt – für Anbieter ebenso wie für die Anwender.

Deshalb funktionieren die „Autonachbarn“ vollkommen anders als klassische Carsharing-Angebote: als reine Software-Anwendung, deren Service Anwender für eine kleine Gebühr pro Monat mieten.

Mehr erfahren, wie das Autonachbarn-Konzept funktioniert?

Ein vollständig digitales Angebot, das perfekt skaliert: Welche Chancen für Investoren im Autonachbarn-Konzept stecken, aber auch für Anwender, Umwelt und Gesellschaft – einfach mal im persönlichen Gespräch erläutern lassen. Jetzt Kontakt aufnehmen und Termin vereinbaren mit Astrid Engel und Edgar Wilkening.

Diese erfrischend neue Herangehensweise ans Carsharing dürfte einer der Gründe sein, warum  „Autonachbarn“ jetzt von creative.nrw als eines der zehn besten Innovationsprojekte in ganz Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet wurde.

„Ein tolles Kompliment für unser Konzept“, sagt Astrid Engel. „Und es zeigt, dass auch in der Provinz echte Innovationen entstehen können, wenn die Macher einen Blick haben, der über die Stadtgrenzen hinausreicht.“

An die hundert Konzepte hatten sich für die Auszeichnung creative.projects beworben. Zehn der Einreichungen wurden von der Jury auf die Shortlist gesetzt als beste Innovationsprojekte NRW.

NRW-Ministerin Mona Neubaur im Gespräch mit Astrid Engel & Edgar Wilkening

Inspirierender Austausch am Rande der Preisverleihung in Düsseldorf: Mona Neubaur (Mitte), Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie sowie stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen, im Gespräch mit den Autonachbarn-Machern Astrid Engel und Edgar Wilkening.
©Foto: Melissa Dibowsky

Die Preisverleihung fand am 9. Mai 2023 in lässig repräsentativem Rahmen statt: im Weltkunstzimmer in Düsseldorf. NRWs Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie und stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur war persönlich anwesend, um die Preisträger zu beglückwünschen.

Ganz offizieller Regierungs-Segen, den es aus gutem Grunde gab: creative.nrw als Ausrichter des Wettbewerbs ist ein Zusammenschluss der nordrhrein-westfälischen Kreativwirtschaft im Auftrag der Landesregierung.

KREATIVWIRTSCHAFT – EIN WORT, BEI DEM MAN IN MINDEN IMMER NOCH KOPFSCHÜTTELN ERNTET

Spätestens seit Mitte der Nuller-Jahre weiß man um den Wert der creative class – um den wirtschaftlichen, aber insbesondere auch den gesellschaftlichen Wert.

Seitdem wissen kluge Städte, wie wichtig diese Melange aus Künstlern, Machern und Kreativen für die künftige Entwicklung und Attraktivität von Städten ist.

In Hamburg habe ich in den Nuller-Jahren erlebt, wie die Gründung der Hamburg Kreativ Gesellschaft durch die Stadt die Digital-, Medien-, Film-, Werbe- und Publizistik-Szene beflügelt und damit der ganzen Stadt weiteren Auftrieb gegeben hat.

Insofern nur folgerichtig, dass auch das Land NRW jetzt eine ähnliche Gesellschaft geschaffen hat mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen für Kreative aller Gewerke zu verbessern.

Und in Minden? Erntet man vor allem Kopfschütteln und Unverständnis. 2018/2019 hatte Architektin Astrid Engel ein innovatives Konzept für die Neu-Entwicklung des Rampenloch-Areals kreiert: das Red Light Lab. Ausdrücklich als inspirierenden, lebendigen Ort für – Sie ahnen es schon: die Kreativwirtschaft.

Genau zu diesem Begriff giftete damals eine Mindenerin auf Facebook: „Kreativwirtschaft, was soll das überhaupt sein?“

Heute, ein paar Jahre später, ist die Dame sowohl im Vorstand des SPD-Stadtverbands als auch im Vorstand einer öffentlichen Kultureinrichtung tätig. Ahnungslosigkeit ist eben immer noch der beste Karriere-Turbo in Minden.

Es ist genau dieses stumpfsinnige, innovationsfeindliche Denken, das wir immer wieder erlebt haben, auf allen Ebenen, von ganz oben bis unten runter. Bei der Entwicklung des Rampenloch-Areals ebenso wie bei der Einrichtung unseres Pop-up-Ortes für Kunst und Kultur in der Obermarktstraße 19, bei dem wir am Ende sogar das Verwaltungsgericht einschalten mussten, um uns gegen Behördenwillkür zur Wehr zu setzen.

Wenn dann noch eine tumbe Lokalpresse dazukommt, die jeden klugen Gedanken sofort als „Querulantentum“ stigmatisiert, ist der Nährboden für selbstgefälligen Stillstand perfekt.

WO RUHE IMMER NOCH ERSTE BÜRGERPFLICHT IST, WIRKT DISRUPTION ALS GEFAHR

Nein, Minden habe ich nicht als innovationsfreundlichen Ort erlebt. Wo Ruhe immer noch die erste Bürgerpflicht preußischer Gehorsamkeit ist, werden disruptive Modelle und Technologien nicht als Chancen verstanden, sondern als Gefahr.

Aus dem „Autonachbarn“-Konzept als einem der besten Innovationsprojekte NRW eine funktionsfähige Anwendung zu machen und ein marktfähiges Unternehmen – all das ist anstrengend genug. Das muss man sich nicht auch noch durch ein reaktionäres Umfeld in Verwaltung und Politik zusätzlich schwermachen.

Deshalb haben wir nach der Auszeichnung in Düsseldorf eine folgenschwere Entscheidung getroffen.

Alle Beteiligten, die jetzt schon an Konzept, Technologie und Software der „Autonachbarn“ arbeiten, sind vollständig remote tätig. Für uns als rein digitales Projekt ist es gar kein Problem, die Unternehmensgründung an jedem beliebigen Ort in Deutschland zu vollziehen.

Deshalb laden wir innovationsfreundliche Kommunen, die Interesse haben an einem künftigen Gewerbesteuerzahler und digitalen Imageträger, ein zum Gespräch. Melden Sie sich, wenn Sie ein zukunftsfähiges Umfeld bieten können, das zu den „Autonachbarn“ passt.

Sie haben ein innovationsfreundliches Umfeld in Ihrer Kommune?

Dann freuen wir uns darauf, von Ihnen zu hören. Damit wir im persönlichen Gespräch miteinander besprechen können, wie wir gegenseitigen Nutzen füreinander stiften können. Jetzt Kontakt aufnehmen und Termin vereinbaren mit Astrid Engel und Edgar Wilkening.

Jeder Ort  ist denkbar für uns. Warum nicht im Mindener Umland? He, Petershagen, Porta Westfalica, Bückeburg – was geht bei Euch?

Warum nicht in Düsseldorf? Dort spricht man sehr freundlich und interessiert mit uns. Das Flair ist international. Und der Weg in die Ministerien ist deutlich kürzer.

Oder warum nicht gleich nach Bayern und dort von der ganz speziellen blauweißen Art der Standortförderung profitieren?

Ob nah, ob fern, ob groß, ob klein: Grundsätzlich kommt jede Kommune für uns als Standort in Frage.

Nur ein Ort in Deutschland, der hat sich als Zuhause für die „Autonachbarn“ selbst deutlich disqualifiziert.

Es ist die Kommune, die es bis heute nicht fertiggebracht hat zu sagen: „Gratulation, dass ein Team Bürger unserer Stadt es unter die zehn besten Innovationsprojekte in NRW geschafft hat.“

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