wineroom Der Popup-Wine-Store im Herz der Stadt
Edgar Wilkening – Initiator und Gründer von Das Herz der Stadt
Digital gibt’s ihn schon lange, den wineroom: nämlich als Online-Weinmagazin. Und natürlich gab’s auch immer mal Überlegungen, das virtuelle Weinzimmer in die analoge Welt zu transformieren: als Wein-Bar, als Tasting-Club, als Seminar-Plattform …
Jetzt plötzlich ergab sich die passende Gelegenheit zum Schritt ins echte Leben. Im Erdgeschoss der Obermarktstraße 19, in der Das Herz der Stadt residiert, wollten die Eigentümer des Hauses während der Vorweihnachtszeit Gewerbe einziehen sehen. Schließlich die beste Zeit des Jahres im Einzelhandel. Und dazu eine der besten Gewerbeflächen, die in der Stadt zu haben sind.
Da mussten die wineroom-Macher nicht lange nachdenken: gesagt – getan.
Entstanden ist ein Weinladen auf Zeit – nämlich exakt bis zum 31. Dezember 2021. Punkt 18:00 Uhr am Silvesterabend ist Schluss. So eintagsfliegig die paar Wochen Lebensdauer auch scheinen mögen, das Sortiment steht dem der besten Weinläden in Berlin, Düsseldorf, München kaum nach.
„Regelrecht metropolisch“ nannte es neulich ein erfahrener Weinprofi, der aus Bremen zu Besuch war in Minden und sichtlich ins Staunen geriet angesichts der Namen. Frank John aus der Pfalz, Peter Jakob Kühn aus dem Rheingau, Schäfer-Fröhlich von der Nahe, Hanspeter Ziereisen aus Baden, Immich-Batterieberg von der Mosel – um nur mal ein paar deutsche Vertreter zu nennen.
Ein erfahrener Bremer Weinprofi nannte es "regelrecht metropolisch", das Sortiment im wineroom
Dazu Uwe Schiefer aus dem Burgenland, Manincor aus Südtirol, Chiara Condello mit Sangiovese aus der Emilia-Romagna, Barolo von Giulia Negri, Domaine de l’Horizon aus Frankreichs Südwesten, Champagner von Larmandier-Bernier – wow, allesamt Namen, die in den besten Adressen der Welt angeboten werden. Metropolisch? Da fühlen wir uns durchaus angemessen verstanden.
Jetzt also ein metropolisches Sortiment – auf Zeit! – in Minden, der heimlichen Hauptstadt der ostwestfälischen Provinz. Das ist in jeglicher Hinsicht ein spannendes Experiment.
Schon der Popup-Charakter ist für manchen schwer zu verstehen: „Warum nur so kurz? Warum nicht auf Dauer?“
Ganz simple Antwort: Dauerhaft würde bedeuten, man müsste auskömmlich davon leben können. Wenn wir einen metropolischen Weinladen machen wollen würden, um davon auskömmlich zu leben, dann wären wir klug genug, ihn genau dort zu eröffnen, wo ein metropolisches Sortiment auf ein metropolisches Publikum stösst – nirgendwo sonst.
Ich habe mein erstes Popup-Konzept vor zehn Jahren realisiert: „Die 7 Sünden“. Ein extrem konzept-basiertes, intellektuelles Restaurant, geöffnet für gerade mal eine Woche, 2011 in Hamburg, mitten auf St. Pauli. Es wurde quasi über Nacht zum angesagtesten Restaurant der Stadt mit langer Reservierungsliste, seitenweise Presse-Berichten und langen, ausführlichen Radio-Features, die das Konzept erläuterten. Kaum vorstellbar in Minden …
So schwer der Popup-Gedanke nachzuvollziehen ist, so schwer ist es offenbar auch beim Sortiment. Täglich sehe ich Menschen vor unserem Schaufenster stehen, die in Kopfschütteln ausbrechen und konsterniert weiterziehen.
Ja, da stehen – im übertragenen Sinne – Porsches, Bentleys und Ferraris im Fenster. Allerdings muss man in der Lage sein, sie zu erkennen. Wer Rotkäppchen nicht bloß für eine Märchenfigur hält, sondern auch für ein irgendwie akzeptables Genussmittel, tut sich da womöglich schwer.
Wer Rotkäppchen nicht bloß für eine Märchenfigur hält, tut sich womöglich schwer mit dem Sortiment
Aber es gibt auch die anderen. Menschen, die reinkommen und begeistert sind: „Ihr habt den Ziereisen im Sortiment? Ich hab über den gelesen und wollte ihn immer schon probieren!“ Oder: „Der Billecart-Salmon ist bei euch ja völlig okay im Preis, hab ich gerade gegoogelt.“ Stimmt. (Aber, Achtung: nur eine einzelne Magnum vorrätig.)
Gerade gestern kam ein Pärchen rein. Ich hatte die zwei schon eine ganze Weile beobachtet, wie sie vorm Fenster giggelten beim Lesen der Schilder, die ich zur Erläuterung der Weine aufgestellt habe.
„Wie lustig, die Schilder“, lachte die Frau beim Reinkommen. „So was habe ich ja noch nirgendwo gesehen. Wie toll, dass ihr Wein so originell, so niederschwellig erklärt.“ Die beiden ließen sich Weine, Anbaugebiete, Herstellungsweisen erläutern – und nahmen dann neugierig von allem etwas mit. Je origineller, desto besser. Wie schön – danke für den Besuch!
Auffällig: Fast alle, die den Laden betreten und Bons mit erheblichen Summen generieren – nahezu alle stammen aus anderen Städten, kaum jemand aus Minden. Das Pärchen oben: aus Hamburg. Jung, exzellente Bildung, aufgeschlossen, weltgewandt, oft internationaler Hintergrund. Sie sind entweder aus beruflichen Gründen kurz in der Stadt oder um Freunde zu besuchen.
Laufkundschaft, die zufällig am Laden vorbeiflaniert, angetan ist von der Auslage und dann ohne Berührungsängste den Laden betritt. Großartig: Kunden, die im wahrsten Sinne des Wortes kundig sind. Das ist auch für Händler ein Vergnügen.
Wie großartig: Kunden, die kundig sind – das ist auch für Händler ein Vergnügen
So wird der wineroom zum Schaufenster – im doppelten Sinne. Mit Auslage und Inszenierung zur Fußgängerzone, na klar. Aber eben auch: Schaufenster in eine metropolische Welt da draußen, die jeden Tag ganz real existiert.
Ein Schaufenster mit Blick auf Märkte, Entwicklungen und Trends jenseits der eigenen Stadtmauern. Ausblick auf das, was sich in der Welt bewegt und was die Welt bewegt – sofern man sie sich größer als den eigenen Horizont vorstellt.
Eine Welt in rasantem Wandel. Heute noch da, morgen schon weg. Jedem Anfang wohnt das Ende schon inne. Kaum irgendwo zeigt sich das deutlicher als bei Popup-Konzepten. Ein Grund mehr, sich die Nase plattzudrücken am Schaufenster und einen Blick hineinzuwerfen – solange es das Fenster noch gibt.
Der Popup-Wine-Store wineroom in der Obermarktstraße 19, Minden ist werktäglich geöffnet bis zum 31. Dezember 2021. Der Store wird betrieben von der Amon & Wilkening Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), deren Gesellschafter und Geschäftsführer Edgar Wilkening ist.
Große Namen, große Weine. Ein solch „metropolisches“ Sortiment ist in Städten wie Berlin, Düsseldorf, Hamburg ganz normal.
Überall Urkunden, Zertifikate, Awards, die die Kompetenz von wineroom-Macher Edgar Wilkening widerspiegeln: „Endlich kommt der ganze Plunder mal zum Einsatz.“
„Drauß‘ vom Walde komm ich her, ich muss euch sagen, es wein-achtet sehr.“ Mehr als ein Dutzend Tannenbäume illuminieren feierlich den wineroom. (Vielen Dank für die herrlich frischen, duftenden Tannen an Sascha Bode von der S. Bode GmbH & Co. KG in Porta Westfalica!)
Die Rahmenwand im Herz der Stadt hat schon manchen Künstler zu kreativen Höchstleistungen herausgefordert. Wir nutzen sie, um unsere schönsten Werke zu zeigen.
„Schenk ein – und lass uns anderer Meinung sein!“ Unser kleiner Beitrag zu mehr Debattenkultur in Deutschland.