Todesfalle Rathaus Minden? Verschlossener Fluchtweg bei Ratssitzung

Autor: Edgar Wilkening
Zertifiziert als „Sachkundige Aufsichtsperson für Versammlungsstätten“.
Kennt die Inkompetenz im Mindener Rathaus noch irgendeine Grenze nach unten? Werden mal wieder Hauptverantwortliche geschont und dafür müssen ein paar subalterne Köpfe rollen? Oder kommt wie so oft der berühmte Mindener Meter zum Einsatz, mit dem man zweierlei Maß im Rathaus misst: Etwas, für das man Privatleute und Unternehmen schärfstens zur Rechenschaft ziehen würde, wird mal wieder unter den Teppich gekehrt?
Auslöser für diese Fragen ist mein Besuch der Mindener Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, den 10. Juli 2025.
An diesem Tag hätte das Rathaus Minden potenziell zur Todesfalle werden können für mindestens circa 70 Menschen im Rathaus: Stadtverordnete, Mitarbeiter, Gäste – und auch für den vollzählig anwesenden Vorstand der Stadt Minden, vom Bürgermeister abwärts …
Warum? Man hatte schlicht und einfach den ausgeschilderten Fluchtweg über die Haupttür am Markt verrammelt und verriegelt.

Oben im Foto gut zu erkennen: das leuchtende Fluchtweg-Zeichen über der Tür (grün umrandet), das im Notfall Hilfe und Ausweg verspricht – aber auch die vergitterte Rathaus-Glastür (rot umrandet), die sich weder selbsttätig noch von Hand von innen öffnen ließ und den Eingangsbereich des Mindener Rathauses zur Todesfalle hätte werden lassen.
Man hatte den Fluchtweg verrammelt und verriegelt
Ein eklatanter Verstoß seitens der Stadtverwaltung gegen bestehende Brandschutz-Vorschriften.
Als zertifizierte „Sachkundige Aufsichtsperson für Versammlungsstätten“ bin ich professionell mit dem Thema Fluchtwege und Brandschutz betraut. Ich kann also gar nicht anders, als solche eklatanten Verstöße zu melden (siehe unten mein Schreiben an die Stadtverwaltung Minden im Original-Wortlaut).
Zumal ich die Gnadenlosigkeit der Mindener Verwaltung bei diesem Thema schon selbst erleben durfte. Zum Beispiel 2022, als vorgeschobene Brandschutz-Themen dazu dienten das missliebige, weil bürgerschaftlich engagierte „Herz der Stadt“ in der Obermarktstraße 19 per Behörden-Willkür zu schließen.
Wer Null-Fehler-Toleranz gegen die Bürger praktiziert, muss selbst mit Null-Fehler-Toleranz rechnen
Nun könnte man natürlich sagen: „Fehler kommen immer mal vor. Gott sei Dank ist nichts Schlimmeres passiert. Sind zum Glück ja alle lebend aus dem Rathaus rausgekommen. Ist nochmal gut gegangen …“
Ja, als empathische, christlich geprägte Menschen würden wir so reagieren: „Vergeben und vergessen. Passiert nicht wieder, versprochen?“
Der Haken ist nur: Unser Gegenüber in diesem Fall ist gerade kein empathischer, christlich geprägter Mensch. Sondern eine seelenlose Behörde, deren Mitarbeiter sich täglich daran ergötzen, dass ihnen die Hände gebunden sind durch Vorschriften.
Oder sind Sie schon mal von einem Blitzer der Ordnungsbehörde erwischt worden, zehn, zwanzig Stundenkilometer zu schnell? Und hinterher hieß es: „Komm, ist ja nichts passiert. Lass mal gut sein. Passiert nicht wieder, versprochen? Also Schwamm drüber“? Eher wird die Behörde Sie und Ihre Rechtsnachfolger bis ins Grab verfolgen, um ein Ordnungsgeld einzutreiben und dafür den gesamten Staatsapparat ohne Gnade einsetzen.
Für Behörden gibt es keine Kategorien wie „Fünfe gerade sein lassen“ oder „mal ’nen Auge zudrücken“. Darf es nicht geben und kann es nicht geben. Sondern unbedingte Neutralität und Gleichbehandlung. Daraus ergibt sich aber eben auch:
Eine Stadtverwaltung, die gegenüber ihren Bürgern eine rigide Null-Fehler-Toleranz praktiziert und jede Unachtsamkeit unnachgiebig ahndet, muss damit leben, dass gegen sie ebenfalls Null-Fehler-Toleranz praktiziert wird. Ohne Ausnahme.
Können Bürger das Rathaus künftig ohne Sorge um Leib und Leben betreten?
Spannend am jetzigen Fall ist die Frage: Wird die Verwaltung ihr eigenes Rathaus wegen Nicht-Beachtung von Vorschriften schließen? Wird das Rathaus gegen sich selbst ein saftiges Bußgeld verhängen? Oder gilt wieder mal: Eine Verwaltungskrähe hackt der anderen kein Auge aus – und das Rathaus kann jederzeit wieder zur Todesfalle für Mitarbeiter, Besucher und Stadtverordnete werden?
Am Freitag, den 11. Juli 2025 habe ich der Stadtverwaltung Minden den Verstoß gegen Vorschriften durch die Stadtverwaltung Minden angezeigt und Aufklärung eingefordert. Also das Rathaus beim Rathaus gemeldet sozusagen. Mal gucken, was das ergibt und ob die Verwaltung noch mehr kann als Bürger gängeln und im Weg stehen.
Schließlich ist man als Behörde eigentlich zu absoluter Neutralität verpflichtet. Also auch gegenüber sich selbst. Jedenfalls steht das auf dem Papier. Was in Minden so viel heißt wie: hat keine praktische Bedeutung.
Den Text meines Schreibens im Original-Wortlaut hier zu öffentlichem Protokoll für jedermann zum Nachlesen. Zugestellt an diverse Empfänger im Rathaus Minden per E-Mail am 11. Juli 2025, 15:53 Uhr. Falls es Antworten gibt, werde ich berichten.
„Sehr geehrte Damen und Herren,
ich wende mich heute an Sie, um eine Ordnungswidrigkeit anzuzeigen und fordere Sie auf, diese in aller Neutralität, zu der Sie verpflichtet sind, zu verfolgen.
Am Spätnachmittag des 10. Juli 2025 habe ich als Gast an einer Sitzung der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Minden im Rathaussaal teilgenommen.
Dazu habe ich gegen 16:45 Uhr das Rathaus über die Haupteingangstür am Markt betreten. Gegen 19:15 Uhr beendete der Bürgermeister den öffentlichen Teil der Sitzung, woraufhin ich und zahlreiche weitere Gäste den Rathaussaal verließen, über die Treppen hinabgingen und durch die Haupteingangstür am Markt ins Freie treten wollten.
Leider liess sich die Haupteingangstür am Markt nicht öffnen.
Zwar öffnete sich die Schiebetür ordnungsgemäß beim „Erkennen“ sich annähernder Personen. Doch hinter der Schiebetür befand sich eine weitere, vergitterte Glastür, die fest verschlossen war, sich auch von Hand nicht öffnen ließ und das Verlassen des Gebäudes nach außen unmöglich machte.
Ich kann zahlreiche Personen namentlich benennen, die diesen Vorfall bezeugen können. Außerdem ist er in Fotos dokumentiert.
Dass zahlreiche Besucher daraufhin desorientiert durch das Rathaus irrten und nach irgendeinem Ausgang aus dem Gebäude suchten, ist bedauerlich genug.
Eine Ordnungswidrigkeit ergibt sich aber aus der Tatsache, dass genau diese Haupteingangstür am Markt als Fluchtweg ausgewiesen und mit entsprechenden Leucht-Markierungen über der Tür versehen ist.
Die „Verordnung über Bau und Betrieb von Sonderbauten (Sonderbauverordnung – SBauVO) vom 02.12.2016″ des Ministerium des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen besagt dazu in § 91 (FN 3):
‚Ordnungswidrig im Sinne des § 86 Absatz 1 Nummer 20 BauO NRW 2018 handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
(…)
3. Türen im Zuge von Rettungswegen entgegen § 74 Absatz 3 während der Betriebszeit abschließt oder abschließen lässt‘.
Zum Zeitpunkt des Vorfalls befanden sich mindestens noch etwa fünfzig Stadtverordnete plus etwa ein Dutzend Gäste sowie der gesamte Vorstand der Stadt Minden im Gebäude (zuzüglich eventueller weiterer Personen).
Im Falle eines Brandes oder ähnlichen Notfalls wäre der abgeriegelte Eingangsbereich des Rathauses am Markt schlimmstenfalls zur tödlichen Falle für Menschen geworden. Zurecht werden Verstöße gegen den Brandschutz deshalb massiv geahndet.
Öffentliche Verwaltungen haben eine Vorbildfunktion für die Bürger. Umso schlimmer, dass jetzt ausgerechnet das Rathaus Minden auffällt durch gravierende Nichteinhaltung gesetzlicher Vorschriften beim Brandschutz.
Damit leistet Mindens Verwaltung dem allgemeinen Niedergang des Vertrauens in staatliche Institutionen massiven Vorschub. Denn Bürger fragen sich zurecht, wie sie die Anordnungen einer Verwaltung ernstnehmen sollen, die sich selbst nicht an Anordnungen hält.
Vor diesem Hintergrund fordere ich Sie auf, den/die Verantwortliche/n für diesen Verstoß gegen den Brandschutz zu ermitteln und ungeachtet seiner/ihrer Stellung, Position oder Funktion zur Rechenschaft zu ziehen.
Außerdem bitte ich um Antwort auf folgende Fragen:
1.
In welcher Höhe wird ein Bußgeld gegen die verantwortliche/n Person/en verhängt?
2.
Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, damit der Besuch des Mindener Rathauses künftig ohne Gefahr für Leib und Leben möglich ist?
3.
Wie beabsichtigt die Stadtverwaltung den entstandenen Vertrauensschaden in staatliche Institutionen wettzumachen?
Ich bitte höflichst um Bestätigung des Eingangs dieses Schreibens.
Mit freundlichen Grüßen –
Edgar Wilkening
– Zertifiziert als Sachkundige Aufsichtsperson für Versammlungsstätten –“
Achtung, Satire!
Schnack unter Stadtverordneten: „Na, Ratssitzung auch überlebt?“ Früher waren damit die öden Debatten gemeint. Heute die Verstöße der Rathaus-Verwaltung gegen Brandschutzvorschriften.