„And the award goes to …“ Rechnungsprüfungsamt der Stadt Minden für die schwächste Rechenleistung 2021
"In einer Phase, in der es auf jedes Detail ankam, in der größte Genauigkeit eine Rolle spielte – in einer solchen Phase zeigte das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Minden, dass gegenüber dem Bürger immer noch Luft ist für Ungenauigkeiten, Fehler und Nachlässigkeiten."
Aus der Begründung der Jury
AUTOR
Edgar Wilkening. Schüttelt oftmals nur noch den Kopf angesichts mancher Dämlichkeit, die ihm begegnet.
REDAKTIONELLES UPDATE 3. FEBRUAR 2021, 15:30 Uhr
Soeben teilt die Stadt Minden mit, dass sie den Prüfbericht mit der Rechenschwäche, von dem hier die Rede ist, aus dem Ratsinformationssystem entfernt hat. Stattdessen hat man den fehlerhaften Bericht durch eine korrigierte Version ersetzt.
Die Verleihung des Awards an das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Minden bleibt davon natürlich unberührt.
Das neue Jahr ist keine sechs Wochen alt – und wir können schon den Award für die wirklich allerdämlichste Rechenleistung 2021 vergeben.
Sind die Taschenrechner in Mindens Verwaltung im Eimer? Hat der Hausmeister versäumt, Batterien zu besorgen? Oder ist es einfach so, dass die Abteilungen, die ein Verb in ihrem Namen tragen, genau von der Tätigkeit, die das Verb beschreibt, am allerwenigsten verstehen?
Das Rechnungsprüfungsamt der Stadt Minden gibt sich jedenfalls alle Mühe, dieser Einschätzung gerecht zu werden.
Wie der Name „Rechnungsprüfungsamt“ schon sagt, geht es hier ums Rechnen und ums Prüfen.
Und jetzt Frage: Was denken Sie, welche Kernkompetenz man da auf jeden Fall mitbringen sollte? Kantinenplan auswendig können? Lustige Witze erzählen? Löcher in die Luft starren?
Wenig überraschend: Wer im Rechnungsprüfungsamt sitzt, sollte – Achtung! – rechnen können. Ganz besonders dann, wenn’s ganz besonders darauf ankommt.
In Minden hat der Bürgermeister 2018 unter dubiosen Umständen eine Studie zur Machbarkeit einer Multifunktionshalle in Auftrag gegeben. Da er den Auftrag und das Gutachten geheim hielt, gab’s reichlich Wirbel, als alles aufflog.
Der Bürgermeister wurde zum Rücktritt aufgefordert. Vorwürfe von Korruption standen im Raum. Das volle Programm.
Jetzt soll alles aufgeklärt werden. Der Bürgermeister versprach Transparenz. Und helfen soll dabei – genau: das Rechnungsprüfungsamt.
Die haben sich wooooooochenlang alles haaaaaaarklein angesehen, drei Mal umgedreht, nochmal gegengeprüft – und dann einen Prüfbericht verfasst (den Sie auf dieser Seite unter dem Stichwort „Prüfbericht“ downloaden können konnten). (Siehe dazu oben redaktionelles Update vom 3. Februar 2021, 15:30 Uhr.)
Insgesamt stolze 55 Seiten umfasst der Bericht. Da muss natürlich alles haargenau stimmen in einem so brisanten Fall. Deshalb hat’s so lange gedauert: Damit wirklich nichts schiefgeht.
Und jetzt schauen Sie mal hier: Seite sieben von 55.
Gelbe Anmerkungen und Markierungen sowie Quellenangabe sind nachträglich von mir integriert – der Rest ist Original-Wortlaut. Und offenbart eine wirklich bestürzende Dämlichkeit.
Wir reden hier über den womöglich größten Politskandal der Mindener Stadtgeschichte. Es geht um Unregelmäßigkeiten, um Ungenauigkeiten, um Ungereimtheiten. Es hängen Ämter, Posten und Pensionen an diesem Prüfverfahren.
Und das Rechnungsprüfungsamt, das Licht ins Dunkel bringen soll, ist sich nicht zu schade, genau das, wofür es eingesetzt wurde, nämlich zu rechnen und zu prüfen, so grundlegend zu versemmeln?
Flüchtigkeitsfehler? Von wegen! Nochmal: Das Rechnungsprüfungsamt hat sich wooooooochenlang alles haaaaaaarklein angesehen, drei Mal umgedreht, gegengeprüft – und dann offenbart der Prüfbericht schon auf Seite sieben grundlegende Mängel?
Wenn schon auf Seite sieben solcher Bockmist auftaucht, wer soll dann noch irgendeine Zeile auf den übrigen 54 Seiten des Berichts für voll nehmen?
Wenn das Rechnungsprüfungsamt, dessen Kernkompetenz das Rechnen und Prüfen sein sollte, so simple Sachen schon nicht hinkriegt, wer soll dann glauben, dass ausgerechnet diese Leute jetzt Licht in die komplexen Zusammenhänge um die Auftragsvergabe bringen können?
Jeder Bürger, der sich von dieser Verwaltung desinformiert fühlt, ist gut zu verstehen.
Wie man in einer solch kritischen Situation so ein Ding so brutal verhauen kann … Das ist uns bei Das Herz der Stadt den Award „Der goldene Taschenrechner“ für die dämlichste Rechenleistung des Jahres 2021 wert.
And the award goes to: Rechnungsprüfungsamt der Stadt Minden!
Gratulation dem Sieger! Und lassen Sie sich vom Bürgermeister auf ein Glas Sekt einladen.