Causa Doppelkandidatur:
Rathaus Minden lügt wie gedruckt – und das Mindener Tageblatt druckt’s!

Autor Edgar Wilkening

19. Aug., 2025

Autor: Edgar Wilkening

Ist gewählte Vertrauensperson der Wählervereinigung „Wir für Minden“ für die Kommunalwahl 2025 und insofern persönlich von Falsch-Darstellungen der Stadtverwaltung Minden betroffen.

Beruflich aktuell u.a. mit der Entwicklung von KI-Agenten für Kunden befasst.

Ich bin kein Leser des Mindener Tageblatt. Mein Leben hat deutlich an Qualität gewonnen, seit ich vor Jahren mein Abo gekündigt habe.

Trotzdem senden mir Menschen in meinem Umfeld immer wieder Artikel oder Seiten aus dem Mindener Tageblatt. In der Regel mit der Frage: „Stimmt das so, was da steht? Ist das wirklich richtig, was die schreiben?“

Ich kann und will mich gar nicht mit allen Unzulänglichkeiten befassen, die die Lokalpresse täglich verspinnt.

Aber wenn ich persönlich von journalistischem Schund betroffen bin, setze ich mich zur Wehr

Was ist geschehen?

Am 14. August 2025 erschien ein Bericht im Mindener Tageblatt, der sich mit der Doppelkandidatur eines Bürgers bei der Kommunalwahl 2025 befasst. Um das klipp und klar zu sagen: Solche Mehrfachkandidaturen, ob willentlich oder versehentlich, sind nicht zulässig und im NRW Kommunalwahlgesetz strikt untersagt. Da gibt’s gar keine zwei Meinungen.

Die Frage ist hier aber: Wie kann es sein, dass ein solch gravierender Fehler unentdeckt bleibt, wohlgemerkt über Wochen!, in einem mehrstufigen Prüfsystem, das freie, gerechte und sichere demokratische Wahlen in Deutschland gewährleisten soll? Wie kann es sein, dass alle Kontrollinstanzen versagen?

Die Antwort lautet leider wieder mal: Es ist unfassbar viel Inkompetenz im Rathaus unterwegs. Und sobald ein Fehler bekannt wird, zeigt jeder auf jeden und schiebt Verantwortung von sich weg, um die eigene Pension nicht zu gefährden.

Im Zweifelsfall wird die Schuld den Bürgern in die Schuhe geschoben. Zum Beispiel mir

Im Artikel des Mindener Tageblatt heißt es unmissverständlich: „Die Stadt erklärt, (…) Vertrauenspersonen (…) seien dafür verantwortlich, dass alle formellen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Kommunalwahl seitens der Bewerber erfüllt werde.“ (Gemeint ist wohl „werden“.)

Ausschnitt Mindener Tageblatt vom 14. August 2025

Screenshot als Beleg
Quelle: Mindener Tageblatt vom 14. August 2025, Seite 2.
Rechtschreibfehler „werde“ durch die Redaktion des Mindener Tageblatt.
Gelbe Hervorhebungen durch den Autor

Das ist natürlich totaler Quatsch.

Nirgendwo im NRW Kommunalwahlgesetz findet sich eine Formulierung, die auch nur annähernd die Auslegung zulässt, Vertrauenspersonen (wie ich es bin für die Wählergemeinschaft „Wir für Minden“) seien dafür verantwortlich, dass die Bewerber „alle formellen Vorraussetzungen für eine ordnungsgemäße Kommunalwahl“ erfüllen.

Da wird gelogen, dass sich die frisch eingezogenen Balken biegen im historischen Rathaus

Hier versucht die Stadtverwaltung Verantwortung für entstandene Fehler von sich wegzuschieben. Und mittlerweile räumt man sogar im Rathaus Minden ein, dass man den Mund reichlich voll genommen hat gegenüber der Presse.

„Es ist nicht Aufgabe von Vertrauenspersonen, eigeninitiativ und aktiv extra ermitteln zu müssen, ob ein Kandidat z.B. noch woanders auf der Reserveliste steht“, heißt es in einer Antwort der Ersten Beigeordneten Daniela Giannone, die sie mir am 18. August 2025 auf meine Beschwerde hin schickte.

Plötzlich ist die Rede davon: Als die Stadt erklärte, die Vertrauenspersonen seien für „alle formellen Voraussetzungen“ verantwortlich, war nicht gemeint, dass „Fehler bei ‚allen‘ formellen Voraussetzungen“ in der Verantwortung der Vertrauenspersonen lägen.

Ach, nein? Wie bitte …? Was ist an dem im Mindener Tageblatt veröffentlichten „verantwortlich, dass alle Voraussetzungen erfüllt werden“ irgendwie missverständlich?

Sind Germanisten anwesend? Oder haben die sich bis hier hin schon alle weggelacht?

„Die Stadt Minden wollte damit lediglich vermitteln, dass ganz allgemein die Vertrauenspersonen als zentrale Ansprechpartner der Parteien / Wählergemeinschaften für die Verwaltung fungieren“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Ach ja? Ach so!

Und warum hat man das nicht einfach in die Erklärung fürs Mindener Tageblatt reingeschrieben? Klemmte die Tastatur? Waren die Buchstaben aus? „Ich kaufe ein O.“ Musste noch auf den Geburtstag des Kollegen angestoßen werden? „Prösterchen!“ Wie auch immer …

Das Mindener Tageblatt hat die Erklärung des Rathauses in ihr Blättle übernommen – offenbar ungeprüft

Die berühmte journalistische Sorgfaltspflicht aus Ziffer 2 des Pressekodex – sie wird offenbar automatisch außer Kraft gesetzt, sobald eine Nachricht aus dem Rathaus reintrudelt. Die Verwaltung könnte wohl auch schreiben „Die Erde ist eine Scheibe“ und es würde gedruckt. „Amtliche Mitteilungen“ quasi, aber im redaktionellen Outfit? Ich nenne das: übelsten Verlautbarungs- und Gefälligkeits-Journalismus. Schäbig.

Dabei hätten der Redakteur des Artikels ebenso wie die verantwortliche Chefredakteurin mit einer simplen Google-Recherche herausfinden können, dass die Erklärung der Stadt Minden auf grundlegend falschen Aussagen beruht. Aber offensichtlich schreiben Zeitungshäuser ihren Rathäusern gerne ungeprüft nach dem Munde, wenn man eine fruchtbare Symbiose miteinander führt.

Das gilt noch viel mehr für den zweiten Teil meiner Beschwerde im Rathaus

Im MT-Artikel heißt es weiter, extra groß als Zwischen-Überschrift gesetzt: „Das IT-Programm meldet keinen Fehler“. Damit ist die Wahl-Software „votemanager 2“ der votegroup gemeint, die in Hunderten deutscher Kommunen für die ordnungsgemäße Durchführung von Wahlen eingesetzt wird.

Zwischen-Überschrift im Mindener Tageblatt vom 14. August 2025

Screenshot als Beleg
Quelle: Mindener Tageblatt vom 14. August 2025, Seite 2.
Gelbe Hervorhebung durch den Autor

In dieser Software hat das Rathaus Minden, das selbst bekanntlich keine Fehler macht, einen Fehler entdeckt. Oha, tolle Digital-Nerds! Nämlich den, dass das System bei Doppelkandidaturen „keine Fehlermeldung anzeigt“.

Das gipfelt in der steilen These der Ersten Beigeordneten: „Es wird zwingend gemeinsam mit OWL-IT daran gearbeitet werden müssen, dass künftig auch für diese Konstellationen ein Abgleich durch den VoteManager erfolgt“. Superduper Tipp aus Minden, dem Hotspot der IT-Szene!

Die Software-Entwickler sind bestimmt schon ganz aufgeregt, dass sie mit den HighEnd-Digitalexperten vom Rathaus Minden zusammenarbeiten dürfen.

Ausschnitt aus Artikel des Mindener Tageblatt vom 14. August 2025

Screenshot als Beleg
Quelle: Mindener Tageblatt vom 14. August 2025, Seite 2.
Gelbe Hervorhebungen durch den Autor

So groß kann ein Blödsinn gar nicht sein, dass er nicht doch den Weg in die Zeitung findet.

Ich bin kein Coder und kein Hacker. Aber aus meiner jahrzehntelangen Tätigkeit in der Hamburger Digitalbranche weiß ich doch: „Eine derart elementare Prüf-Funktion ist nicht in der Software eines der führenden Anbieter für Wahl-Software integriert? Also, mir kommt das komisch vor …“

Deshalb habe ich eine schriftliche Anfrage an den Support der votegroup geschickt. Mit verblüffendem Ergebnis

Noch während meine Anfrage lief, war ich gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Wählergemeinschaft „Wir für Minden“, Frank Tomaschewski, zu einer Besprechung der Causa Doppelkandidatur im Rathaus eingeladen. Dort habe ich ausdrücklich nachgefragt: „Habe ich das richtig verstanden? Die Software votemanager ist nicht in der Lage, Doppelkandidaturen in Reservelisten zu identifizieren?“

Großes Nicken überall. Klare Antwort der Wahlleiterin und vom Leiter des Wahlteams im Brustton völliger Überzeugung: „Richtig, das geht nicht.“

Und dann wurde ich noch belehrt, dass man die Software votemanager immerhin schon seit dem Jahr 2004 im Einsatz habe, also entsprechend erfahren sei im Umgang. Doll! Echte Digital-Nerds im Rathaus, super!

Am Nachmittag freundlicher Rückruf vom Support der votegroup. Das Telefonat ergab das glatte Gegenteil dessen, was man mir eben noch im Rathaus eingebläut hatte – und was im Artikel des Mindener Tageblatt stand.

Aber selbstverständlich gebe es eine solche Prüf-Funktion im votemanager, erklärte mir der Support-Mitarbeiter in seiner Auskunft

Abgebildet sei sie in der Funktion „Mehrfachkandidaturen prüfen“, die man jederzeit aufrufen kann und die dann zuverlässig – jawohl: auch auf Reservelisten! – Mehrfachkandidaturen identifiziert.

Ach ne! Echt jetzt?

Und Deutschlands führende IT-Experten im Mindener Rathaus, die eben noch diese Funktion „gemeinsam mit OWL-IT“ entwickeln wollten? Am Ende doch nur zu doof, das Programm zu bedienen? DAU nennt man das in Digitalkreisen, für „dümmster anzunehmender User“.

Seit 2004 im Einsatz …? Das war das Jahr, als die SPD in Minden das Amt des Bürgermeisters von der CDU übernahm und seitdem bis heute hält. Vielleicht war das gar kein Wahlergebnis, sondern einfach nur ein Anwender-Fehler. Von Dummies, die seit 2004 den votemanager im Rathaus bedienen und sich nicht damit auskennen. „Oh, mal gucken, was passiert, wenn ich hier den Button ‚SPD-Ergebnis verdoppeln‘ drücke.“

Sollte man alle Wahlen ab 2004 in Minden nochmal unter die Lupe nehmen, wenn ausgerechnet DAUs im Rathaus das Programm bedienen?

Jedenfalls hat auch der riesengroße „Wir müssen diese Prüf-Funktion entwickeln“-Schwachsinn zuverlässig seinen Weg ins Mindener Tageblatt gefunden. Offenbar ebenfalls ohne vorher einmal gegengecheckt worden zu sein.

Es sagt viel über das digitale Selbstverständnis eines Verlagshauses, wenn Zeitungs-Redaktionen brutalste Falschmeldungen zu IT-Themen für derart schlüssig, plausibel und überzeugend halten, dass man nicht ein einziges Mal auf die Idee eines Gegen-Checks kommt.

Eine Anfrage beim Hersteller der Software? Das, was ein kleiner Blogger und Bürger dieser Stadt hier privat gemacht hat? Für die ultraschlauen „professionellen Journalisten“ und selbsternannte „Vierte Gewalt“ im Staate, die den Mächtigen angeblich auf die Finger schaut, offenbar keine Option. Recherche? Kritische Distanz zu staatlichen Institutionen? Zweite Stimme hören? Fehlanzeige.

Lieber haut man die amtlichen Falschmeldungen nur so raus. „Merkt der Leser sowieso nicht.“ Immerhin muss das Blättle vollgekritzelt werden. Wer kann da schon auf Richtigkeit oder Sorgfaltspflicht achten? Und huch!, wer um Himmelswillen konnte ahnen, dass Software so etwas heutzutage doch kann? Entschuldigung – aber „Qualitäts-Journalismus“ jedenfalls geht anders.

Meine Meinung: Wenn Leser für so einen Quatsch auch nur einen Cent ausgeben – selbst schuld

Sogar im Rathaus rudert man mittlerweile mächtig zurück. „Den Mitarbeitenden des Zentralen Steuerungsdienstes war bis vergangene Woche Donnerstag (14.08.) nicht bekannt, dass es ein Feature für die Prüfung von Mehrfachkandidaten für Reservelisten im Programm Votemanager in dieser Form gibt“, heißt es in der Antwort der Ersten Beigeordneten.

Seit 2004 im Einsatz und keiner kommt auf die Idee, einfach mal den Support des Herstellers zu kontaktieren und nachzufragen? Ja, wozu auch! Mit dem Brustton der Überzeugung und die Nase hoch in die Luft gereckt steilen Schwachsinn behaupten reicht in Minden. Ich habe das immer wieder erlebt: Nichts fürchtet man mehr als Expertenwissen. Ohne Ahnung lässt sich’s einfach viel unbeschwerter schwadronieren in der eigenen Provinz-Bubble.

Und jetzt noch dieser Extra-Lacher hier, ebenfalls O-Ton aus der Antwort vom Rathaus: „Die Beschreibung ist missverständlich formuliert und gab keinen klaren Hinweis.“ Bin ich hier in einem deutschen Rathaus oder in der heute-Show? „Menno, der Button war doof beschriftet“? Wie wär’s mal mit Manual lesen? Oder soll ich dem Rathaus höchstpersönlich eine Software-Schulung geben, die sich gewaschen hat?

Na, das kann ja heiter werden am 14. September, wenn wir an die Urnen gehen: Wahlen in Minden als Satire-Show. Autsch!

Jedenfalls alles andere als ein glücklicher Auftakt für die frisch gekürte Erste Beigeordnete Daniela Giannone. Ein Bilderbuch-Start sieht wahrlich anders aus. Na, Kopf hoch! Ab jetzt kann’s (hoffentlich) nur noch besser werden.

Und bei alledem wundert sich noch irgendjemand, dass immer mehr Menschen das Vertrauen in staatliche Institutionen verlieren? Das Mindener Rathaus ist die Speerspitze derer, die Vertrauen in demokratische Prozesse zerstören. Und das Mindener Tageblatt mit seinem Wildwest-Journalismus läuft direkt hinterher.

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